Die Vogellosung
Sonntagmorgen, 8 Uhr. Der Schlüssel im Schloss dreht sich durch meine rechte Hand von der Ausgangsstellung nach rechts. Linkshänder haben hier verschissen, denn auch sie müssen auf das vermeintlich schwächere Patscherchen zurückgreifen. Der Verbrennungsmotor indes reagiert prompt mit dem typischen Geräusch. Meine Honda ist noch die gleiche {Summer}FLY{168} wie vor knapp 2 Jahren.
Aus einer Unachtsamkeit am Vortag wird eine Losung für die Anfänge des darauffolgenden. Im Innenraum des Benziners schaltet sich automatisch das Radio ein, gesucht wird das Programm des lokalen Senders, welchen ich gedankenverflissen wohl am Samstag mal einschaltete. Die Technik hatte mich gestern nicht im Griff, dafür heute. Wie immer zur vollen Stunden laufen Nachrichten. Regionale Funkmeldungen können vorteilhaft sein, ein quälender Gedankenschuss der zum Schluss meine Faulheit untermauert; ein Knopfdruck fürs Umstellen der Frequenz ist mir eindeutig zu aufwendig.
Kurz vor dem Endziel*, meinem ausgesuchten Hundeausführgebiet [- * nur um keine Verwirrungen aufkommen zu lassen -], dröhnt aus den Frontboxen folgendes Zitat: «Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte». Ich schalte den Motor aus, grinse verschmitzt wegen der unflätigen Bemerkung des Gaulands. Es tut mir im Nachgang selbst leid, aber in diesem Moment überkam es mich. Am frühen Morgen, kurz nach dem Erwachen, einen solchen Brei - Dünnschiß? - in die Ohrmuscheln gedröhnt zu bekommen ... da hilft nur schmunzeln, will man sich doch nicht länger mit so einem Unsinn beschäftigen oder gar darüber aufregen. Es gibt Schöneres. Dennoch: Jetzt sind nahezu 11 Stunden vergangen und ich komme nicht hinweg meine persönliche Begebenheit zu erzählen. Folgendes passierte...
Ich stieg mit einem Lächeln aus dem Auto aus, öffnete den Kofferraum, entließ den Hund in die Freiheit, verschloss den Wagen und stand unter dem Baum, unter dem ich immer meine Honda parke. Ich sah den Hund beim Abkoten zu und - jetzt kommt es, nun folgt das, warum ich mir tatsächlich einen weiteren politischen Ausrutscher hier im Blog mal leiste: ich mache dafür auch extra³ mal einen Absatz.
Es kam ohne Vorwarnung, einfach von oben und traf mich direkt auf dem Haupt. Glücklicherweise bin ich ein Kopfschutzfetischist - schon seit Jahren, und immer wenn ich mit Hund aus dem Haus gehe. Auch an jenen Morgen trug ich daher zur Bedeckung meiner ungewaschenen und womöglich zerzausten Haare eine Schirmkappe, Neudeutsch: eine Basecap. Na ja, so neu ist das im deutschen Sprachgebrauch wohl nicht mehr, zumindest trug ich schon vor 26 Jahren solche Mützen - und damals spielte ich tatsächlich noch Baseball.
Wie auch immer, mein Lächeln war dahin - aus dem Gesicht geschnitten [bitte nicht bildlich vorstellen] - meine Hoffnung auf ein Taschentuch im Auto groß. Hoffen kann ich gut, und wenn es ein Wunsch war, so erfüllte er sich. Als ich noch so herumwischte, wurde mir klar, wie unangenehm so ein Vogelschiss sein kann, wenn er direkt auf dem Kopf fällt, egal welche, wie viele oder ob man überhaupt Haare auf dem Haupt trägt. Wenn's man recht bedenkt, so haben es Glatzenträger womöglich leichter...
Was mir schon immer klar war, deutete sich auch heute wieder an. Alles Unschöne birgt und bringt gute Seiten mit sich, die man normal gar nicht auf den Radar gehabt hätte. So wie ich mich immer noch seltsam dabei fühle hier einen politischen Spracheklat dafür herzunehmen, eine belanglose Morgenerzählung herunter zu tippen, so darf ich mir eingestehen, dass ich mit der Geschichte noch gar nicht zu Ende bin. Das Gute kam in der Form eines alten Herrn mit Rollator. Nach ihm kann man am Sonntagmorgen die Uhr stellen. Kurz nach 8 Uhr schlägt er immer an den Dosen- und Glascontainern auf, wo auch ich stets mein Auto parke. Er mag meinen Hund und hatte heute mal länger Zeit ihn (sie) zu streicheln, weil ich eben mit einer Säuberung beschäftigt war. Unsere sonst kurzen Begegnungen wurden durch die unschöne Verkettung von äußeren Umständen in die Länge gezogen. Lobenswert erwähnte er daher heute nicht nur, dass sie ein lieber Hund sei, sondern auch noch sehr gepflegt, und: "Das sei überhaupt das Wichtigste". Seltsam befangen war es mir nicht möglich ernsthaft darauf zu reagieren. Bei Floskelsätzen, die auf "das Wichtigste" enden, muss ich mich immer an meinen Großonkel erinnern, der "das Wichtigste" ebenso und immerzu erwähnte. Mit eingehender Demenz auch mehrmals hintereinander. So waren Autoreifen und Trinken z. B. das überhaupt Wichtigste. Manchmal waren es auch andere Dinge. "Ein heller Hund ist ehrlich, man sieht jeden Fleck - da hat man schon ein wenig drauf zu achten" - so ungefähr war dann meine knappe Antwort, ehe wir wieder getrennte Wege gingen. Er, zurück in die Zivilisation, wahrscheinlich zu seinem Alterswohnsitz, ich hinfort von dieser, an einem Bach entlang auf der rechten Seite und einen Streifen von Mädesüß zur Linken.
Und das war's auch schon mit meiner tatsächlichen #42 von "kurz notiert" - 42: die Antwort auf alle Fragen. Oder nicht? Warum nicht Kinski fragen? Ich tat's in der #41, denn auch er verstand oft genug Fragestellungen nicht richtig. (Dicke grüne) Korrektur am Tag danach (wichtig!): Kinski war gar nicht das Thema in der #41. Da ging's zwar auch um Jesus, aber nicht um seinen: Gesucht (wurde da also) Jesus Christus! Und wenn's mir erlaubt ist zu erwähnen, so beiläufig wie ein ...: Gauland fand (sich) nur (in) Höcke (wieder) - das war ergo so was von (End-)2015. Googlet jeder das selbst! Ich habe da und dafür ebensowenig Anspruch wie die Partei an sich selbst oder ihre Wähler. Trotzdem schwindet meine Hoffnung nicht, dass Menschen aus Fehlern (durch Umdenken) lernen. Manche brauchen eben mehrere Anläufe für diese Selbstanalyse. Traurig, aber oft in solchen Fällen wahr. Und ja, die Presse sollte sich da auch - oder ganz besonders! - nicht ausnehmen.
PS#1: Die Bilder zeigen Adelhaid mit eben jener Vogelkackekappe [und Andi, ihrem Spielhund].
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