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•••Ⓚontakt

Der zweite Tod des Adam HaRischon

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Über- oder bedenkenswert (Pt. 27)
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In der Bestimmung von Titeleien war ich nie ein Experte und werde es auch nie sein wollen. Dahinter steckt keine ausgeklügelte Absicht, es hat sich mit der Zeit schlicht und ergreifend so entwickelt. Wenn man sich viele Jahre mit Pseudepigraphien beschäftigt hat, so könnte ich behaupten, neigt man eben tendenziell dazu wenigstens der Überschrift einen kryptischen Anstrich zu verleihen. "Der zweite Tod des Adam HaRischon" ist nur ein weiteres Beispiel für besagten Spleen.
[Anmerkung: Ursprünglich sollte der Blogpost heißen "Der zweite Tod des Adam Qadmon", aber "Qadmon" (oder auch "Kadmon", קדמון,) ist gleichbedeutend mit "ursprünglich", "alt" oder gar "prähistorisch"; daher erschien mir "HaRischon" für die Doppeldeutigkeit besser, denn das bedeutet wörtlich "der Erste". Ideal wäre deswegen vielleicht eher (sic!) "Der zweite Tod des Ersten" gewesen.]  

Fangen wir aber mal am Anfang an, also am 24. auf den 25. Elul (1 AM = 22./23.08.3759/60 AD), dem Tag der Weltschöpfung ("Es werde Licht") - einem Sonntag, der in den Montag überging. Wir überspringen jetzt die Schöpfungstage 2-5 und schauen auf das Ende des 1. Tischri (2 AM/Rosch HaSchanah) und genauer auf die Erschaffung Adams und Evas - an einem Freitag(-abend?). Gehen wir lediglich ein paar Stunden weiter in der vorgestellten linearen Zeit, so finden wir eine (theologisch-ausgelegte) Antwort auf die Frage wann Adam und auch Eva zum ersten Mal starben. Wer nämlich unsterblich ist und dann plötzlich sterblich wird, der kann mit Fug und Recht behaupten, dass er bereits starb als er eben das wurde; und so starben die ersten beiden Menschen just an dem Tag, an dem sie die Sterblichkeit "erlangten", ihres ersten Todes. Wessen Wesenheit getrennt existiert von der Quelle des Lebens und allem [HaSchem], der benötigt den physischen Tod zur Versöhnung und Wiederkehr [in das, prosaisch umschrieben, unendliche Meer des Lebens]. 

Der zweite (und tatsächliche) Tod von Adam 930 Jahre später muss am Ende des Sonntags hinein in den frühen Montag gewesen sein, weil Eva (an den) sechs  Tage(n danach) trauerte. Dieser Hinweis findet sich im apokryphen Text "Apokalypse des Moses"¹. Aufgrund der Tatsache, dass am 7. Tag der Woche, dem Samstag [Sabbat], allerdings strikt geruht wird, darf auch keine Trauer abgehalten werden. Bei einer solchen Ausgangslage kann man davon stark ausgehen [sic!], dass mit der Vollendung des siebten Tages, dem Sonntag (hin zum Montag), auch Eva [endgültig (und zum zweiten Mal)] starb - exakt eine Woche nach Adam.

Das Jahr an sich ist ohnehin bekannt [3.761/60 ./. 930 = 2.831/30 AD], der Tag nun auch, fehlt noch der Monat. Folgt man weiter der gleichen apokryphen Schriftrolle, so findet man in der griechischen Fassung die Erwähnung, dass bei der Hinaufführung Adams in den 3. Himmel durch die vier Erzengel die Elemente - [genannt] "Geheimnisse" - zur linken und rechten G'ttes verdunkelt waren; genauer gesagt verbargen jene ihr Licht vor dem Schöpfer. Diese Anspielung ist sehr dienlich, denn demnach muss es sechs Tage nach dem Tod Adams - vielleicht auch volle sechs Tage [unwahrscheinlich in der heutigen Betrachtung] - zu einer totalen Sonnen-/Mondfinsternis gekommen sein. 
Theoretisch könnte man ein solches Phänomen zurückberechnen, und ich habe es für Spaß auch mal praktisch gemacht; hilfreich dabei war ein Berechnungstool [eine "App"] der NASA². Die Ergebnisse totaler Sonnenfinsternisse in Jerusalem [am "Kalvarienberg", Golgatha (Ort der Kreuzigung und gleichzeitig das Grab Adams, Evas und Abels)] für den Zeitraum (2.830/31 AD) waren allerdings 0 (null). Ich bin recht froh darüber, so komisch es sich anhört, hier kein positives Ergebnis bekommen zu haben, denn das könnte mich in eine Bredouille führen. Wenn man nämlich bedenkt, dass die Beschaffenheit der Erde vor der Flut eine anderer war, sind solche Rechenspielchen vor der Sintflutzeit (2.103/04 AD bzw. Jahr 1.656/57 AM) generell obsolet. Selbst wenn man das kataklastische Impact-Ereignis wirklich nur als reine (und globale) Überflutung ansieht, gibt es bei der Rückberechnung Probleme mit der Akzeleration (der Beschleunigung der Zeit durch die Gestirne; hier speziell: der Erdentrabant Mond), was bewirkt, dass der Ort der tatsächlichen Begebenheit sich um viele zehntausende Kilometer gen Osten verschiebt umso weiter man in Vergangenheit geht. Mit anderen Worten: So kommt man nicht weiter.

Der einschlägige Christ vertraut dem Heiligenkalendarium (oder den liturgischen Traditionen) seiner jeweiligen Kirchenorganisation. Im Fall Adam (und Eva) gibt es hier marginale bis starke Unterschiede in Hinblick auf dessen (deren) "Gedenktag(e)". Die drei großen "Player" (kath, evang., orth.) richten ihr Augenmerk auf die Vertreibung aus dem Paradies und liegen bezeichnenderweise so falsch damit wie mit der Geburt von Jesus Christus [gleiches Datum, 24.12.], dabei ist diese Lösung gar nicht mal so dämlich. Man könnte den 1. Tischri 2 AM (Erschaffung des Menschen) ansetzen, da er auch gleichzeitig der Tag des ersten Gerichts ist (Sündenfall), was umgerechnet hieße: 28.08.[3.759/60 AD] am Ende des Samstags/Sabbats (hin zum Sonntag) oder eben gleich den 29. August. Die syrisch-orthodoxe Kirche heiligt tatsächlich dieses Datum dem Adam, und noch mehr: Sie begründet es gleichgesetzt mit dem Sterbedatum 930 Jahre später. Unter der Berücksichtigung dass die "jakobitischen Antiochenier" (noch) mit julianischem Kalender rechnen und der Zeit (heute) hinterherhinken, geht dies naturgemäß rechnerisch nicht vor der Einführung eben jenes Kalenders [45 AD] auf; zumindest war der 1. Tischri 932 AM klassisch-gregorianisch gerechnet der 13. September 2.830 AD und paradoxerweise julianisch der 6. Oktober gleichen Jahres. Inwieweit das julianische Datum zum jüdischen stimmt ist schwer zu sagen, weil die jüdische Zeitrechnung Schaltmonate einbezieht, so dass Verschiebungen um einen Monat nach vorne oder hinten bei proleptischer Anwendung möglich sind. So oder so, ich behaupte auch hierzu: Es geht leider "seltenst" auf, und: So kommt man nicht weiter.

Was mich zu einer letzten Überlegung führte, die gestattet sei, weil nebst mir ansonsten keine andere Lösung einfallen wollte, die den "zweiten Tod des Adam HaRischon" ein explizites Datum zuweisen könnte. Kurzum - die Hypothese: Vielleicht wurde das Sterbedatum von Adam und Eva nicht (einmal in apokryphen Schriften) erwähnt, weil Adam auf den Tag genau nach 930 Jahren Lebenszeit verstarb. Diese Annahme führt tatsächlich zu einem Ergebnis, welches für die Allgemeinheit "zufriedenstellend" erscheint. Der 1. Tischri 932 AM [13.09.2829/30 AD] war ein Montag. Wenn Adam also, wie eingangs erwähnt, mit dem Ende des Sonntags hinein in den Montag starb, erreichte er (nach jüdischer Zählung) 930. Lebensjahre, auch wenn er im 930. Jahr nur einige Sekunden/Minuten/Stunden (?) "zubrachte". An jener Stelle dürften jedenfalls alle/viele zufrieden sein, lediglich ich bin es nicht so ganz. Ich könnte zwar durchaus sagen "Prima, Herr Jakob Baradai! Der 28. auf den 29. August stimmt", würde aber dabei verschweigen, dass dieses Datum keinesfalls fix sein kann, ob nun der julianische oder der gregorianische Kalender benutzt wird. Will man diese Zeitrechnungen beibehalten, so hat man sich nach dem jüdischen Kalender zu orientieren. Im 5782. Jahr anno mundi fiel der 1. Tischri des Jahres 2021 anno domini auf den 7. September (julianisch: 25. August). Der jüdische Neujahrstag - Rosch HaSchanah - der Tag der Schöpfung des Menschen, kann deswegen der einzige und alleinige Fixpunkt sein, wenn man dem Adam und der Eva gedenken will (und noch mehr).     

Unterm Strich war es für mich persönlich und gesamtheitlich eine mehr als zufriedenstellende Hermeneutik (pseudepigraphischer Werke), da ich ja ohnehin der Auffassung bin, dass Jesum Christum von HaSchem am Sonntag [explizit Samstag unmittelbar vor Sonnenuntergang (im letzten Moment sozusagen)] wiedererweckt wurde³, was den ersten Tag (der Woche) auf ein Neues zu einem Lebensspender machte, nachdem er durch die Tode von Adam und Eva für lange Zeit hinter einem anderen Gesichtspunkt stehen musste. Zugegeben, diese Erklärung ist diskutabel und doch behalte ich mir die Anschauung vor.  
Damit die Gesamtabhandlung in einem anderen Licht endet, will ich einen geradezu plastisch-verformten Vergleich am Ende aufgreifen, der mir bei der NASA-App-Spielerei einfiel: Wenn G'tt die Sonne darstellt [sic!], so symbolisiert in jener skurrilen Vorstellung der Mensch den Mondkörper, weil das Gestirn Monat für Monat stirbt und wieder erscheint, hingegen die Sonne zwar kontinuierlich geht, aber grundsätzlich nie vergeht. 

Auf ein (möglicherweise) unnötiges Nachwort [will ich nicht verzichten]: Damit eine Sache nicht untergeht sei abschließend erwähnt, dass "der zweite Tod der Chawah (חוּה), der Belebten" nach 930 Jahren und sieben beginnenden Tagen (auf sie) eintraf, was Adam, dem Ersten, nicht vergönnt war. Bei einer Lebensspanne von fast einem Jahrtausend erscheint eine Woche marginal, dennoch kann ich mir vorstellen, dass es für Eva eine Phase war, die aufgrund der (permanenten) Trauer von sechs Tagen für sie geradezu nicht zu vergehen schien.  

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* Anmerkung zum "Motivbild": Nach Rabbi Yaron Reuven befand sich jeder Nachkomme des Adam HaRischon in einem anderen Teil des physischen Körpers des ersten Menschen, weil sich (eine) Neshama (= Seele) in unendlich viele Teile aufspalten kann. Des Weiteren geht er davon aus, dass die meisten Menschen der letzten Generationen die Fußgegend des Adam HaRischon verkörper(te)n (Quelle: https://youtu.be/cXOXcBlXb8A).
Und PS: Das sind in der Tat meine Fußabdrücke. 
³ https://n8ruh.blogspot.com/2020/05/der-ewig-freye-donnerstag.html bzw. vgl. GzN Zehn: Laientheologie - Von der Himmelfahrt bis zur Auferstehung, Seite 12, Zeilen 15-17. Random House/TwentySix 2020. ISBN 978-3-7407-6712-9.

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