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Ganzheit

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UnNatur (Pt. 35)

Die geistige Welt rückt allmählich näher. Die Zeit der Dunkelheit steht unmittelbar bevor. Sie löst die Periode der Helligkeit ab. Von Nacht zu Nacht. Behutsam und bedächtig. Spätestens wenn der Mond in seiner vollen Pracht am Himmelszelt erscheint, wird es soweit sein. Mit jedem neuen Tag der bevorstehenden kalten Wochen (oder gar Monaten) wächst die Sehnsucht nach Verbundenheit, ein Rausch der Gefühle, der von Ungeteiltheit träumt. Während oberirdische Triebe absterben, herrscht üppiges Treiben in den frostfreien Winterquartieren. Resistente Pflanzen überleben völlig unabhängig diese triste Phase. Menschen suchen währenddessen ihr kleines Eiland des Friedens. Ruhe kehrt im Freien ein und Trubel zieht im Inneren der Behausungen seine wilden Kreise. Ein Feuerwerk unterschiedlichster intimer Gefühle tut sich auf. Keine Chancen – und doch so viele, die es gilt im Moment auszukosten, anstelle sie blindlings abzufackeln.
Die wahre Liebe wohlweislich zu wählen, bedingt manches Mal das Loslassen fester Gewohnheiten. Das Selbstfinden definiert sich ohnehin von alleine. Keine Person der Welt kann dabei helfen, unterstützen, ja, sicherlich auch leidenschaftlich, doch mehr auch nicht. Insbesondere die Verarbeitung amouröser Geschichten, wilder Eskapaden und einmalige Abenteuer bedarf der tiefen Reflexion, um gestärkt aus der bevorstehenden faden Zeit zwischen der Zeit hervor zu gehen. Die emotionale Ebene drängt sich auf und ruft verzweifelt nach Befriedigung selbiger. Die Vervollständigung des eigenen Lebens wird zu einem glühenden Aspekt. Dem Reiz, sich in intensiven Rückblenden zu erinnern, gilt es standzuhalten. Geräusche, visuelle und haptische Eindrücke, Empfindungen, Gerüche – all das gehört dazu. Hat man Hingabe gezeigt und Zugeneigtheit empfangen, ufert es meist aus in der Begierde den Akt zu begehen.
Langweiligkeit, kurz Langeweile, ist die reinste Erholung. Stillstand ist der wahre Weg zurück zum geistigen Erfülltsein. Das Wadi mit den Namen ›tà metà tà physiká‹ ist im Begriff, sich abermals als fruchtbar zu erweisen – und ein Trabant am Himmel gibt uns die Richtung vor.

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