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Die Beratenden – Im Paradeisos

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V-Theorie (Pt. 11zl)

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Prooimion

Die Titelei lügt (– nicht nur größtenteils), aber ein weiterer Teil im (inneren) Diateichisma wäre zu viel des Guten.

Prolog
›Eine anhaltende Traufe am Regentage
und ein zänkisches Weib sind sich gleich.‹ 
(Spr. 27,15)

Akronyme
DB = Die Beraterin (Tochter v. Lamech & Azura / ›Sam‹)
DV = Die Verwalterin (›Meine Teuerste‹ / ›MeiTe‹)
DER = Die Erzählerin (Ceana vom Hause der Kenisiter)

Dialog
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DER: Die beiden Cherubina sind wahrhaftige Twerking Queens. Das stimmt natürlich nicht, aber sie können mit ihren Stängeln, ähm, mit ihren Stäben echt fancy Moves hinlegen, für die sie nicht mal Hüften kreisen lassen oder mit ihrem Gesäß wackeln müssen. Sie benötigen auch keine trag- oder schiebbaren Musikboxen, aus der Soca-Calipso-Wipes mit einer Brise Hip-Hop [sic!] sprudeln, um ihre ästhetischen Bewegungen auf den einen oder anderen Beobachter sexuell aufgeladen wirken zu lassen. Ihre Ärsche vibrieren bei jeder ihrer Bewegungen, sodass niemand sagen kann, es wäre nicht in irgendeiner Art und Weise anregend. Sie gehen nicht, sie zucken stoßartig mit ihren Becken in einer gebückten Haltung, die den Anschein macht, dass sie sich bewegen – und doch verharren sie an ihrer Stelle, wo sie dich nur mit ihrer blanken Erscheinung heiß und feucht werden lassen, förmlich hypnotisierend auf dich einwirken. Stets griffbereit sind ihre ...
DB: CEANA!!!
DV: Schrei doch nicht so.
DB: Entschuldige.
DV: Schon gut. Aber wenn du das nochmals machst, hab ich eine Sturzgeburt in diesen beschissenen Mauern zwischen den Mauern – oder wo immer wir uns befinden.
DB: Es tut mir wirklich aufrichtig leid.
DV: Passt schon. Ist ja nichts passiert. Der Braten ist immer noch in der Röhre und verhält sich ruhig. Aber wenn du das nächste Mal geistesabwesend an eine deiner Verflossenen denkst, brauchst du das nicht die ganze Welt wissen lassen.
DB: Ceana ist keine meiner ›Verflossenen‹.
DV: Und sie ist auch nicht da. Nur die Mannsweiber und wir.
DER: Sie soll ihre vorlaute Klappe halten. Mannsweiber!? Frechheit! Wie kann man nur so abwerten über Ardouisur und Lailah sprechen. Sie verkörpern just die allerbeste Manifestation in einer weiblichen Hülle, die ich mir vorstellen kann, und vor allem: rauben sie mir den Atem. So rein und schön, dass ich mich glattweg vergessen könnte.
DB: Hm. Rede ruhig weiter.
DV: Von wem? Es ist doch schon alles gesagt.
DER: Ich habe jeden absonderlichen und geradezu perversen Scheiß, den du mit dieser Trulla getrieben hattest, kommentieren müssen. Ist dir das klar?
DV: Weißt du, dieses Herumdrucksen passt nicht zu dir.
DER: Jetzt darf auch ich mal mein Innerstes offenbaren und über meine Gelüste ganz unverblümt und ehrlich reden. Das habe ich mir redlich verdient, gerade aufgrund deiner demütigenden Handlungen dir und anderen gegenüber.
DB: Von welchen anderen sprichst du?
DV: Ich verstehe gerade nicht, auf was du hinaus willst.
DER: Tue nicht so unschuldig. Ich habe auch Gefühle, und ich ›durfte‹ alles mit ansehen. Ich erinnere dich nur an das abartige Doggy-Style-Dingens, das du mit ihr auf der Kain-Seite betriebst, unmittelbar nachdem sie aufhörte zu bluten.
DV: Wie auch immer, mir fielen da schon ein paar ein. Es verhielt sich ja seinerzeit keineswegs so, dass du nicht mit ihnen geprahlt hättest.
DB: Was ist daran so schlimm gewesen?
DV: Was ist das für eine Frage?
DER: Es war verwerflich. Du hast ihr eine Litanei von Namen vorgebetet, wohlgemerkt: während du es ihr besorgtest.
DB: Es war notwendig.
DV: Ich habe das Gefühl, wir reden aneinander vorbei.
DER: Das war mit Abstand das Abscheulichste, ja, Abartigste, was ich je erlebt habe, und an dem ich auch noch indirekt partizipieren musste.
DB: Du hast ja so recht. Es tut mir leid. Verzeihst du mir?
DV: Ja, natürlich. Wofür genau?
DER: Nein. So einfach kommst du mir nicht davon.
DB: Es war einen Versuch wert.
DV: Ich verstehe dich nicht. Ich habe dir doch verziehen.
DER: Solange es dir nicht aus vollem Herzen leid tut, rede ich kein Wort mehr mit dir.
DB: Damit kann ich gut leben. Du knickst sowieso irgendwann ein. Du denkst zu viel nach und stellst alles infrage.
DV: Wer!? Ich?
DB: Ceana.
DV: Aha. Ich sehe keine Ceana.
DB: Natürlich siehst du sie nicht.
DV: Verstehe. Geht es dir gut?
DB: Jetzt schon, denn sie schmollt.
DV: Sie redet also nicht mehr mit dir, sie ist aber noch da.
DB: Sie ist immerzu anwesend.
DV: Kann ich vielleicht mal eine kleine, private Unterhaltung mit den beiden ›Engelinnen‹ führen?
DB: Sie werden ihre Münder nicht zum Reden benutzen.
DV: Aber diese unsichtbare Ceana kann sprechen?
DB: Im Pardēs wirst du sie sehen können.
DV: Im Paradies?
DB: Der griechische Begriff, ein Fremdwort ursprünglich, ist Paradeisos. Sobald wir das innere Diateichisma verlassen ...
DV: Halt mal kurz ein, Sam. Geht es dir wirklich gut?
DER: Was findest du nur an der? Das ist ja nicht auszuhalten. Die ist sowas von verdammt schwer vom Begriff.
DB: Die eiserne Regel besagt, dass der Deuteragonist stets hinter dem Protagonisten zu stehen hat, insbesondere intellektuell. Und ja, Meite – mir geht es insoweit ausgezeichnet. Deine fürsorgliche Anteilnahme wurde von uns wohlwollend zur Kenntnis genommen.
DER: Nicht von mir.
DV: Von uns? Kann es sein, dass dir dieser Mauergang nicht so ganz bekommt? Du wirkst auf mich ein wenig schizophren.
DB: Der Schein trügt. Bald wirst du es begreifen.
DER: Dazu will ich meine berechtigten Zweifel äußern.
DV: Was ich aktuell begriffen habe, ist das Folgende: Du redest mit einer unsichtbaren Person namens Ceana – im Übrigen ein abscheulicher, weiblicher Vorname. Ich hoffe, sie hat keinen Bruder, der Cena heißt, sonst bekomme ich Hunger auf einen Abendbrei, wenn du verstehst, was ich meine.
DB: Tue ich.
DER: Alleinig ihre Schwangerschaft und meine Nicht-Sichtbarkeit schützen die Schnepfe davor, dass ich sie nicht augenblicklich körperlich beleidige.
DB: Sprich weiter, MeiTe.
DV: Dann schwafelst du von irgendeinem Paradiesgarten, den wir gleich betreten werden.
DB: Wo du Ceana sehen wirst. Ihr Bruder heißt übrigens Kenny, und er hat mit der Esskultur der Römer nichts zu tun.
DV: Wusste ich es doch. Sie hat einen Bruder, wie sollte es auch anders sein. Ist er ebenfalls anwesend oder lerne ich den erst in jenem Garten Eden kennen? Warte, antworte nicht. Ist es vielleicht der Kenny von South Park?
DER: Diese Frau bringt mich auf die sprichwörtliche Palme.
DB: Er ist vom Hause der Kenisiter.
DV: Nicht der Keniter, der Kadmoniter oder der Kananiter?
DB: Er ist ein Nachfahre von Kaleb, dem Sohn Jephunnes.
DV: Du verarschst mich doch.
DB: Nein. Jephunne war ein Proselyt, ein Hingewandter ...
DV: Tue mir – oder uns? – einen Gefallen, und verkneife dir deine neunmalklugen Anekdoten aus dem Buch der Bücher.
DB: Wenn du es so wünschst, meine Teuer...
DV: Ich wünschte, wir wären schon da und ich müsste mir diesen Quatsch nicht mehr länger reinziehen.
DB: Ceana – darf ich bitten. Das ist dein Stichwort.
DV: Ach, ist es schon soweit?
DER: Das wollte ich auch gerade fragen.
DB: Ja, wir sind an unserem Bestimmungsort angekommen.
DV: Und an der Stelle muss deine Ceana jetzt nur noch erzählen, was geschieht und so weiter, richtig?
DB: Korrekt. Und das wird sie auch, selbst wenn du sie in den letzten Minuten ordentlich verstimmt hast.
DV: Das tut mir unendlich leid. Schade, dass ich mich bei ihr nicht persönlich entschuldigen kann. Flehend und winselnd, um Gnade vor Recht auf beiden Knien bettelnd.
DB: Wenn du das für angemessen hältst, kannst du es später genauso praktizieren – buchstäblich.
DV: Hätte ich Stift und Zettel parat, würde ich mir sofort ein Memo schreiben.
DB: Keine Sorge, ich erinnere dich an deine Worte.
DV: Gewiss wirst du das machen.
DB: Wollen wir dann Ceana reden lassen?
DV: Na klar. Und ich mach dir eine stenografische Abschrift.
DB: Ohne gespitzten Bleistift und Block?
DV: Ach Mist, ich hab meinen Trolly gar nicht dabei. So ein Pech aber auch. Da war meine Wärmflasche drin und mein Kirschkernkissen – des Weiteren eine verbeamtete Parlamentsstenografin mit Arbeitsutensilien. Hat mir alles Todd eingepackt. Wie fürsorglich von ihm, nicht wahr?
DB: Verzeihe, doch das Momentum, an dem wir schweigen sollten, ist bereits weit überschritten.
DV: Wie konnte mir das nur entgehen.
DER: Das Schwadronieren auf unterstem Niveau haben DB und DV selbst im nüchternen Zustand beileibe drauf. Ich muss nicht erwähnen, dass sie noch den ein oder anderen wertschöpfenden Wortwechsel vollzogen, den ich geflissentlich überhörte und auf den ein Jeder wohlweislich verzichten kann und sollte. Sie kamen erst zum Schweigen, als Ardouisur und Lailah – die (Zitat DV) ›Mannsweiber‹ – zu meiner Verzückung zur Tat schritten. Und wie sie das machten! Engel brauchen keine Flügel, um stillschweigend in einem engen Gang an zwei beleibten, händchenhaltenden Frauen vorüber zu schweben, was diese zum Erstaunen der Beiden prätentiös vollzogen. Als sie einige Meter vor ihnen wieder auf den Boden ankamen, kreuzten sie ihre zwei Stäbe, lediglich für einen kurzen Augenblick, in einem Abstand von rund 3 Metern aneinander. Anschließend lösten sie diese wieder, tippten gleichzeitig an eine bestimmte Stelle an der Außenmauer, um sich danach wortlos und würdevoll ihrer Position hinzugeben, mit den Rücken zur Wand – wie 2 Wachposten vor dem Buckingham-Palast, nur immens reizvoller.
DB: Komm zum Punkt.
DV: Wer? Ich?
DB: Nicht du, Ceana.
DV: Ach ja, die liebe Ceana, die hatte ich fast schon vergessen. Weitaus wichtiger erachte ich die Frage, was die beiden Grazien da gerade dargeboten haben. Wie kamen die überhaupt an uns vorbei? Ich hab das gar nicht mitbekommen.
DB: Ich sehe das auch nicht alle Tage.
DER: In diesem Moment tut sich die Wand auf. Es ist schwer in Worte zu kleiden, doch die Umschreibung ›wie aus dem Nichts‹ trifft es vorzüglich. Die Wand verschwindet zwischen Ardouisur und Lailah, als ob sie niemals existierte, ja, so als wäre sie nie dagewesen. Eine Projektion, ein Produkt der Fantasie, eine, auf einer Halluzination beruhende ...
DV: Schweig, Ceana!
DB: Du kannst sie hören?
DV: Sie steht doch direkt neben dir.
DER: Sie kann mich sehen? Jetzt schon?
DV: Ich kann auch jedes Wort von dir hören, Schwester von Kenny aus dem Hause der Kenisiter.
DB: Das nenne ich mal, gelinde gesagt, überraschend. Damit hatte ich so gar nicht gerechnet.
DER: Dann wäre wohl der Zeitpunkt gekommen, wo du dich bei mir entschuldigen solltest. Wie war das noch gleich: Betteln auf den Knien? Gnade vor Recht, ...
DV: Halt die Luft an. Obwohl, irgendwie schaust du für mich aus, als wärst du nicht so ganz real. Wie so ein schwebender Geist im Raum, durch den man spielend hindurchschreiten könnte. Fehlt nur noch die Gespensterrobe.
DER: Ich darf doch sehr bitten.
DB: Sei freundlich zu ihr, sie hat eine lästerliche Zunge.
DER: Wie bitte? Was fällt dir ein, derart über mich zu reden?
DV: Und dass auch noch in meiner Anwesenheit.
DER: Da pflichte ich dir bei.
DB: Sie versteht ironische Noten mäßig bis kaum.
DV: Das überrascht mich nicht. Ich vermute mal stark, dass das ihr Bruder auch nicht so drauf hat.
DER: Kein schlechtes Wort über meinen Bruder!
DB: Begreifst du jetzt, was ich meine?
DV: Sie ist nicht so ganz von dieser Welt.
DB: Wer ist das schon?
DV: Angesichts deines ›Pardēs‹ sind wir das auch nicht. Auf den ersten Blick wirkt es für mich geradezu überwältigend.
DB: ›Neu Eden‹ kann da bei Weitem nicht mithalten.
DV: Es stinkt dagegen gewaltig ab.
DB: Da kommt man sich vor wie ein Nichts.
DV: Dito, dito.
DER: Wenn ihr dann endlich mal fertig seid, könnten wir auch mal eintreten. Aus Spaß ist die Wand nicht weg.
DB: Gerne. Nach dir, Ceana.
DV: Ja, geh ... oder vielmehr: Schweb ruhig voraus– Ceana.
DER: Das hättet ihr wohl gerne. Wir gehen hübsch gemeinsam hindurch – und zwar gleichzeitig.
DB: Wenn sie es sagt.
DV: Wenn sie es wünscht.
DER: Sie ist zwischen euch.
DB: Hättest du es nicht erwähnt, wäre uns das womöglich überhaupt nicht aufgefallen.
DV: Obgleich sie so eine gute Figur zwischen uns beiden macht. Findest du nicht auch?
DB: Jetzt wo du es erwähnst, ...
DER: Das ist auch nicht sonderlich schwer.
DV: Sie schnallt das mit der Ironie in der Tat nicht.
DB: Und doch ist sie uns einer Sache voraus.
DV: Und welcher bitteschön?
DB: Sie trägt außerordentlich wenig am Leibe, was sie noch abwerfen müsste.
DV: Du willst doch damit nicht sagen, sie trägt nichts drunter?
DB: Behalte dir die Kompressionsstrümpfe für das Ende auf.
DV: Zum Ende? Echt jetzt? Ich dachte, du hattest gescherzt.
DB: Ich scherze gewöhnlich nur bei ›horizontalen‹ Themen des Verlangens, wie du vielleicht weißt. Ach so, die Schuhe solltest du vorher natürlich ebenfalls ausziehen.
DV: Das ist genau so ein ›Thema‹ – und es ist ganz und gar nicht lustig. Deswegen frage ich erst gar nicht, ob du das ernst gemeint hast. Nackig machen – so ein Unsinn!
DB: Ceana kennt dich quasi gar nicht angezogen.
DV: Jetzt übertreibst du deinen lächerlichen Witz.
DER: Sie macht keinen Spaß. Sie spricht die Wahrheit.
DV: Hört mir mal genau zu: Es hat niemand gelacht, und ich gehe jede Wette ein, dass die beiden Cherubina nicht mal schmunzeln können. Ich laufe jetzt einfach in diesen Garten, so wie ich bin. Macht ihr nur da draußen, was ihr wollt.
DER: Warum kommt bei mir das Gefühl auf, dass ich gleich wieder in die Erzählerinnenrolle abtauchen muss?
DB: Leg am besten gleich los. Sie beliebt nicht zu Scherzen. Das hat sie sich von mir abgeguckt.
DV: Weswegen stehe ich noch hier? Schweb beiseite, Ceana.
DER: DV läuft einfach durch mich durch und will in das Paradeisos gehen. Sie kommt allerdings nicht weit, weil Ardouisur und Lailah sogleich ihre Stäbe kreuzen und ihr somit den Weg versperren.
DV: Und was soll das jetzt werden?
DB: Es ist, wie ich es dir zu erklären versuchte: Niemand kommt mit Klamotten da rein.
DV: Können wir nicht erstmal eintreten und danach die Kleidung abwerfen?
DB: Sie lassen keine Ausnahmen zu.
DV: Auch nicht für Hochschwangere?
DB: Wenn du dein Kind nicht im inneren Diateichisma gebären willst, musst du die Regeln einhalten.
DV: Regeln? Wer stellt nur so bescheuerte Vorschriften auf?
DB: Sie befolgen lediglich Anweisungen.
DER: Halt ein, MeiTe! Du solltest nicht weiter nachhaken.
DV: Ich erinnere mich nicht, dich um Rat gefragt zu haben. Außerdem habe ich dir nicht erlaubt, mich zu duzen.
DER: Ich brauche auch nicht deine Erlaubnis dafür.
DV: Ist die immer so schnippisch?
DB: Es täte mir gut, wenn ich deine Frage überhört hätte.
DV: Hat sie dich etwa an der Kandare?
DB: Es verhält sich so wie mit Journalisten: Behandele sie nicht sonderlich schlecht und sie werden es dir danken.
DV: Journalist? Die schaut mir eher aus wie eine Reporterin.
DER: Weder berichte ich, noch schreibe ich.
DB: Sie beschreibt Geschehnisse über mich, was alle anderen Personen mit einschließt, die um mich herum sind.
DER: Ich bin eine Erzählerin.
DV: Die ist sicherlich keine Erzählerin. Eher ein Spitzel, eine Agentin. Wer hat sie engagiert? Dieser Tony vielleicht?
DB: So kann man das nicht betrachten. Ihre ›Spielwiese‹ ist gewöhnlich nur außerhalb des Anwesens.
DV: Das erklärt dann wohl, warum sie mich nur nackt kennt.
DB: Gelegentlich darf sie auch mal mit in das Anwesen, wenn ich ihr es zusage.
DV: Wie gerade eben. Wenn dem so ist, würde ich dir dringlich dazu raten, es ihr unverzüglich zu verbieten hier zu sein.
DER: Das wird sie nicht.
DV: Sag ihr, sie soll mich nicht von der Seite anquatschen und gefälligst wieder dahin gehen, wo ihre ›Bestimmung‹ ist.
DB: Das werde ich nicht tun können. Ich hatte es ihr versprochen – und ich halte meine Versprechen ihr gegenüber.
DER: Immerhin war ich bei der Zeugung dabei.
DB: Ceana!!
DV: Oha! So langsam komme ich dahinter – und meine Erkenntnis gefällt mir nicht. Ist es so, wie ich es vermute? Hat sie uns, als ich mit dir in der Blase war, ständig begleitet?
DB: Ich hatte sie nie zu Gesicht bekommen.
DV: Das ist jetzt keine Antwort.
DB: Ich hatte sie auch so gut wie nie gehört.
DV: Wärst du vielleicht so freundlich und würdest mir meine Frage einfach beantworten. Wir sind hier nicht im Plenarsaal.
DB: Ich kann sie nur hören, wenn ich es will.
DV: Sprich bitte weiter.
DB: Sehen kann ich sie, wenn ich es ausdrücklich wünsche.
DV: Aber sie konnte uns immer hören und sehen, richtig?
DER: Ich bin eine Erzählerin.
DB: Da hörst du es. Sie hat keine andere Wahl.
DV: Ich glaube, ich drehe gleich durch. Ich dachte, ich wär mit dir die ganze Zeit alleine gewesen. Und im Nachhinein stellt sich heraus, dass es doch nicht so war. Dass sie permanent um uns herumschwebte – oder was auch immer sie trieb.
DB: Das ist doch nicht so schlimm.
DV: Was bitte! Wie würdest du dich fühlen, wenn du wüsstest, dass dich jemand bei intimen Dingen beobachtet?
DB: Nun, ich weiß, wie das ist.
DV: Ich sehe schon, dir fehlt das Gefühl dafür. Lass es mich daher auf den Punkt bringen: Sie ist keine schüchterne Erzählerin, sie ist eine perverse Stalkerin.
DER: Ich bin eine Erzählerin.
DV: Kann man die Platte auch mal abschalten?
DB: Du verkennst die Umstände.
DV: Oh nein! Ich erkenne sie gerade. Und das Schlimmste daran ist, du wusstest davon die ganze Zeit und hattest es mir verschwiegen. Sorry, aber das war unter aller Sau!
DB: MeiTe, sie ist mein ...
DER: Sage es ihr nicht.
DV: Will ich das überhaupt noch wissen?
DB: MeiTe, sie ist mein Neschama.
DV: Was bitte?
DB: Erinnerst du dich daran, als ich uns, vielmehr dich, von den ›Reinigungsaktionen‹ der Reptilien- und Insektenarten mit einer Art von faradayschem Käfig beschützte?*
DV: Wir waren in schlampige Klamotten ›gebodystockt‹.
DB: Richtig. Maßanfertigungen von Tilly, der Schneiderin.
DV: Ich fühle mich so erbärmlich. Sie hat all das gesehen.
DB: Nicht alles. In dem Moment war sie von mir gegangen.
DV: Als du in meinen Schoß lagst, um dich auszuruhen?
DB: Ja. Erinnerst du dich etwa noch an alle Einzelheiten?
DV: Helfe mir bitte auf die Sprünge.
DB: Der schützende Käfig war mein Neschama und mein Ruach. Ich war nur noch Nefesch.**
DV: Nefesch ...? Gib mir noch einen kleinen Hinweis.
DER: Tue es nicht. Wenn sie jetzt nicht weiß, wer ich bin, sollte sie es auch niemals in Erfahrung bringen.
DB: Sie soll es wissen. Unsere Wörter sind ihr geläufig, doch sie braucht gelegentlich ihre Zeit.
DV: Du sagtest: Naran haben nur Menschen.**
DB: Siehst du, sie erinnert sich an das Akronym.
DV: Nefesch steht für Körper und Ruach für Seele.
DB: Ja, richtig. Ausgezeichnet.
DV: Und dann erzähltest du was, dass dieser Blogger mal Neschema mit Schutzengeln gleichsetzte.**
DB: Das hätte ich vielleicht nicht erwähnen sollen.
DV: Und dein Ruach löst sich nie von Nefesch und Neschama.** Aber natürlich! Jetzt erinnere ich mich wieder: Du hattest eine Ausnahme gemacht, um mich zu beschützen.
DB: Darauf wollte ich zwar jetzt nicht hinaus, aber ja.
DV: Ceana ist nicht dein Ruach und auch nicht dein Nefesch.
DER: Könnt ihr euch jetzt langsam mal entkleiden? Ich ertrage das nicht viel länger.
DB: Geduld, Ceana. Geduld.
DV: Das bedeutet wohl, dass Ceana dein Schutzengel ist.
DER: Bingo! Ein bescheuerter Begriff, aber doch Bingo.
DB: Ich kann damit leben.
DV: Du kannst nicht ohne sie leben. Ich hätte es zwischen deinen vielen Worten erahnen müssen.
DER: Ich kann gut ohne sie leben. Und sie schafft das auch.
DB: Ceana. Bitte.
DER: Es gibt Momente, an denen ich mir wünschte, du wüsstest nichts von mir, ehrlich.
DV: Das kann ich gut nachvollziehen, ›Schutzengel‹ haben es nicht gerade leicht.
DB: Sei froh, dass du deinen nicht ertragen musst.
DV: Du kannst meinen Schutzengel sehen?
DB: Für was hältst du mich?
DER: Ich kann es.
DV: Ernsthaft? Wie sieht sie aus?
DER: Sie?
DV: Sie ist ein Er?
DB: Eigentlich verhält es sich wie bei den Cherubina. Vereinfacht könnte man sagen: Das Geschlecht wird nicht so ernst genommen unter ...
DER: Das ist ja geradezu eine Frechheit!
DB: Hör nicht auf sie. Sie reagiert darauf immer verletzlich.
DV: Wie kannst du sie nur ignorieren?
DB: Oft gestaltet sich das als schwierig.
DV: Bin ich froh, dass ich meinen Schutzengel nicht sehe.
DER: Sie sieht mich auch nicht immer.
DV: Ceana, selbst wenn du es nicht wahrhaben willst, aber diesen Teil der Geschichte habe ich verstanden. Was mir noch nicht so recht klar ist: Warum hat sie einen Bruder?
DER: Du musst nicht alles wissen.
DB: Vielleicht sollte MeiTe trotzdem erfahren, dass eure Projektionen einzig durch uns entstehen können, vorzugsweise euer äußeres Erscheinungsbild.
DER: Ich wiederhole mich ungern.
DV: Einen Moment. Wenn ich das richtig verstanden habe, könnte mein Schutzengel auch eine weibliche Gestalt haben.
DER: Sie sollte echt nicht zu viel wissen. Sie muss da selbst draufkommen. Wechseln wir also bitte das Thema.
DB: Du verbringst eindeutig zu viel Zeit mit mir.
DV: Und doch wird sie irgendwo recht haben.
DB: Bedeutet das wohl, dass du dich letztlich fügen wirst?
DV: Ja, ich werde mich notgedrungen ausziehen.
DB: Die Strümpfe jedoch erst am Schluss.
DV: Apropos: Kann ich sie möglicherweise mitnehmen?
DER: Hat sie das jetzt tatsächlich gefragt?
DV: Ich sag manchmal Dinge, um etwas gesagt zu haben.
DB: Und ich hab damit kein Problem. Wenn du mir jedoch noch eine Sache versprechen könntest, ...
DV: Und die wäre?
DB: Du wirst gleich mein Geheimnis erkennen. Bitte, selbst wenn es dich schockiert, lasse uns erst wie Erwachsene darüber reden, wenn wir im Paradeisos eingegangen sind.
DV: Und ich dachte, ich hätte dein Geheimnis schon gelüftet.
DB: Du versprichst es mir also, meine Teuer..., MeiTe.
DV: Wenn es weiter nichts ist. Ich verspreche es dir –  Sam.
DB: Danke. Das bedeutet mir wirklich ungemein viel. Dann spricht nichts mehr dagegen, dass wir uns nackig machen?
DV: So sei es. Nichts kann uns mehr aufhalten. Auf drei?
DB: Liebend gern. Schließ deine Augen und zähl herunter.

Epilog
Ich hätte die Szene echt ›Auf den Weg ins Paradeisos‹ nennen sollen. Jetzt ist es zu spät. Dennoch haben wir viel gelernt. Hat doch auch etwas, oder? Wer das Beraterinnen-Buch [bzw. die Erzählung] noch nicht gelesen hat, sollte es bei Gelegenheit nachholen.

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