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•••Ⓚontakt

Die Beratenden – Im Salon³

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 V-Theorie (Pt. 11k)

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Prooimion 
Spoiler: Dieser ›Akt‹ wird lang und ›harmlos‹, aber wichtig.

Prolog
Sie ist köstlicher denn Rubinen, und alles,
was du begehren magst, ist ihr nicht zu vergleichen‹ 
(Spr. 3,15) 

Akronyme
DV = Die Verwalterin (›Meine Teuerste‹)
SCH = Die Schneiderin (Tilly)
BR = Der Berater (Tony aka. Hl. Antonius der Große)
ERZ = Erzähler (Kenny)

Dialog
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ERZ: Was zwischenzeitlich geschah, ist schnell erklärt. BR trug DV vom Frauengemach in den Oikos und legte sie in Rückenlage auf den Diwan, dessen zweites Bein dadurch ebenfalls in sich zusammenbrach. DV lag somit auf einer Art von Rutsche. Ihr Kopf war erhöht und ihre Füße berührten den Boden, die Arme baumelten links und rechts herunter. BR legte ihr sogar noch ein Kissen unter den Kopf und deckte ihren Körper zu. SCH brachte derweil das Gynaikeion wieder in den vorherigen, vorgefundenen Zustand. Als BR im Geheimgang an der Treppe ankam, stieg er nochmals nach oben, um nach SCH Ausschau zu halten und das Quartier letztmals prüfend zu begutachten. Er hatte sie tatsächlich verpasst, war aber mit ihrer Arbeit mehr als zufrieden. Alles schaute wieder wie vorher aus, und auch sein Abbild blickte aufs Neue gen Tür, nachdem diese von SCH von außen geschlossen wurde.
SCH: Sie ist wirklich gut. Als ob niemals jemand hier gewesen wäre. Selbst das Bettlaken hat sie gewechselt.
ERZ: BR kletterte die Treppe letztmalig herunter, zog sie von unten ein und verschloss die Luke mit dem Stock, welchen er vorher im Salon ausfindig machte. Mit der Taschenlampe des Pens leuchtete er sich seinen Weg zurück ins Helle. Als er soeben die Tunnelkreuzung überquerte, sah er im Schimmer des rosafarbenen Lichts eine Frauengestalt in einem hellgrünen Kleid auf dem Podest oberhalb der Stufen stehen.
BR: Tilly? Bist du das?
SCH: Nein, ich bin der Gärtner, und ich plane schon meinen nächsten Coup.
BR: Ist der Mörder nicht immer der Butler?
SCH: Und der Butler hat Ausgang bis eins.¹
ERZ: BR eilt die letzten Meter ihr entgegen, steigt die Stufen hoch, nimmt sie in den Arm und küsst sie.
BR: Woher hast du dieses elegante Maxikleid her?
SCH: Schon vergessen? Ich bin hier die Schneiderin. Und das da, was ich trage, ist lediglich das Bettlaken der Sünde.
BR: Oho! Komm, gehen wir rein und verschließen die Türe. Danach schenke ich dir meine ungeteilte Aufmerksamkeit.
SCH: Nichts Geringeres erwarte ich von dir.
ERZ: BR und SCH gehen durch die schmale Öffnung des Geheimgangs hindurch in den Salon. BRs Versuche, die beiden Regalflügel von innen zu verschließen, scheitern jedoch.
BR: Ich glaube, wir müssen all die ›Werke‹ wieder an genau die gleiche Stelle im Regal stellen, wo wir sie herausnahmen.
SCH: Gut, dass du ein fotografisches Gedächtnis hast.
BR: Ein autobiografisches. Das sollte dennoch ein Kinderspiel für mich sein. Wie sieht es bei dir aus? Du hattest ja weitaus mehr Bücher herausgenommen, als ich.  
SCH: Ich hab sie im Gegensatz zu dir allerdings auch sorgfältig aufeinandergelegt und ging bei meiner Suche systematisch vor. Anders gesagt: Es sollte für mich kein ...
BR: ... kein Hexenwerk sein?
SCH: Woher wusstest du, dass ich das sagen würde?
BR: Ich kann deine Gedanken lesen, manchmal zumindest.
SCH: Selbstverständlich. Wieso frage ich überhaupt? Lass uns nicht quatschen, Tony – legen wir los!
BR: Du bist ganz scharf drauf, richtig?
SCH: Nicht darauf, aber auf das danach ...
ERZ: Wir können das Szenario abkürzen. Es dauerte keine Minute, da waren BR und SCH beinahe fertig. Es fehlte nur noch ein Buch, das zurück an Ort und Stelle musste.
BR: Wir sind durch. Jetzt fehlt nur noch das Buch über mich.
SCH: Wie hieß es nochmal?
BR: ›D|B D|V: Der|Berater Der|Verwalter‹.
SCH: Stell es rein. Der schreibt einen neuen Band über dich.
BR: Und weswegen sollte er das tun?
SCH: Die Abenteuer von dem Berater und der Schneiderin müssen schließlich kundgetan werden.
BR: ›D|B D|S: Der|Berater Die|Schneiderin‹.
SCH: Nein! ›D|S D|B: Die|Schneiderin Der|Berater‹.
BR: Du bist putzig – lass mich dir hochhelfen.
ERZ: BR reichte SCH seine linke Hand – SCH ergriff sie mit ihrer linken – zog sie hoch und an sich heran. Ohne den Blick von ihr zu wenden, schob er ›sein Buch‹ mit der rechten Hand in die freie Lücke der Regalwand. Letztmals knackte es und die beiden Wände verschlossen sich wie aus Zauberhand. BR wollte SCH küssen, da löste sie sich ein wenig von ihm, und zwar ähnlich, wie es sie schon tat, als sie erstmals hier umschlungen standen. Diesmal legte sie ihre linke Hand auf die Intermammalkluft – der Fläche zwischen seiner beiden Männerbrüste –, tätschelte zweimal auf eben jene Stelle, ehe sie BR mit der flachen Hand ein bisschen nach hinten schiebt. Abermals lässt er es zu, lässt es geschehen. SCH geht in ihren Stiefeln ein paar Schritte zurück, öffnet die Schlaufe um ihre Taille und lässt sie zu Boden fallen. Das schulterfreie ›Bettlakenkleid‹ wird jetzt nur noch von zwei gezwirbelten Schlingen gehalten, die mittig entlang ihres Dekolletés anfangen, vor ihrem Hals sich trennen, um sich am Ende an ihren Nacken wieder zu vereinen.* Jene Details interessierten BR indes keineswegs; er sah nur die wunderschöne Frau vor sich, die unter ihrem Stofffetzen nichts mehr zu tragen schien.  
SCH: Du darfst deinen Mund jetzt wieder schließen.
BR: Tony gefällt das. 
SCH: Und Tilly gefällt es, wenn Tony mit Tilly jetzt zu diesem Klappstuhl herübergeht, um seinen ›Job›‹ zu erledigen.
— Schnitt —
ERZ: In den letzten Minuten gab es keine zu erwähnenden Dialoge, insbesondere keine Rede von BR, und die Geräusche von SCH brauchen ebenfalls nicht dokumentiert werden. Drei Einzelheiten müssen jedoch an dieser Stelle aufgeführt werden. Da wäre zum einen die Position des Klappstuhls. SCH postierte ihn in der, von der Tür aus gesehen, linken Ecke des Raums, circa einen Meter von beiden Wänden entfernt. Ferner schaltete sie Musik (von Al Jarreau) an [– auch eine Platte, die BR ihr einst vermachte]. Die Haupttüre des Salons hatte sie bereits unmittelbar nach ihrem Eintreffen dort mit ihren Codes verriegelt, sodass niemand hinein oder hinaus konnte. 
Das ungleiche Pärchen war gerade fertig geworden, da vernimmt BR ein leises Gurgeln aus Richtung der Tür.
BR: Was war das?
SCH: Nicht ›war‹, sondern ›ist‹. Du siehst eine verdammt glückliche Schneiderin vor dir. Du bist der Held der Zunge.
BR: Still! Da ist es schon wieder. Irgendwer gurgelt da.
SCH: Entspann dich, hier kommt niemand rein oder raus.
DV: In der Tat! Übrigens schmeckt das Wasser abgestanden.
ERZ: BR und SCH schauten fassungslos zur Türe. Vor ihnen stand die Verwalterin, glücklicherweise nicht ganz nackt. Sie trug einen weißen Bademantel mit übergestreifter Kapuze, der ihr deutlich zu klein war und daher auch ein wenig zu kurz erschien. Auf der rechten Brustseite des Mantels konnte man die Initialen A.A. sehr deutlich erkennen. 
BR: Gnädige Frau, es tut mir leid, dass sie uns in so einer... 
DV: Bemühen Sie sich nicht, Herr ›A.A.‹. 
BR: Antonius – die beiden ›As‹ steht für Antonius Abbas.
SCH: Du heißt mit Nachnamen Abbas?
BR: Nein, das kommt vom Arabischen und bedeutet Löwe.
SCH: Ah, verstehe, das ist ein Zuname.
BR: Na ja, also wie soll ich dir das vereinfacht ausdrücken?
DV: Versuchen Sie es nicht, die Schlampe wird es keinesfalls verstehen. Und mich interessiert es eh nicht. 
BR: Das sollte es aber, meine Verehrteste.
ERZ: BR steht auf und SCH tut ihm gleich. BR knöpft sich sein Jackett zu und geht in Richtung DV. SCH, die ihn begleitet, signalisiert er mit ein paar Gesten, dass sie zum einen die Musik ausstellen und zum anderen, dass sie bitte ins Badezimmer gehen soll, welches, vom Eingang hereinkommend, rechter Hand ist. Wortlos, mit dem Blick nach unten gerichtet, und mit beiden Händen ihr ›Kleid‹ zuhaltend, geht sie an DV vorbei und verschwindet wenige Sekunden später im ›Balaneion‹. Die Musik verstummt und es herrscht eine unangenehme Stille bis BR den Mut findet DV anzusprechen. 
BR: Darf ich mich der Teuersten vorstellen: Heiliger Antonius der Große – sie dürfen mich gerne Tony nennen.
DV: Aha. Sagen Sie mir, Tony, wer ist Ihre Gespielin?
BR: Das ist Tilly aus Friaul, Unterhalterin der Schneiderin.
DV: Interessant. Warum haben Sie sie gerade fortgeschickt?
BR: Nun, ich dachte, es wäre vorteilhaft, wenn wir uns beide erst einmal kurz vorstellen könnten.
DV: Das haben wir somit. Wären Sie dann bitte so freundlich, mich herauszufliegen.
BR: Der Pilot ist derzeit im Prostas zugegen. Wir haben noch Gäste, die vor Ihnen das Anwesen verlassen müssten. 
DV: Was auch immer Ihr ›Prostas‹ ist, und wer auch immer Ihre ›Gäste‹ sind, vermute ich doch mal stark, dass sie hier das Sagen haben, mein lieber Tony. Also richten Sie dem werten Herrn Milutin, dem angeblichen ›Piloten‹, aus, dass er mich doch bitte zuerst hier wegfliegen soll. Ich habe einen engen Terminplan und verspüre obendrein keine Lust mehr, mich mit Ihnen oder der Schneiderin länger auszutauschen. 
BR: Verzeihung, doch die Sache ist ein wenig prekärer.
DV: Das ist mir eigentlich egal. Schwingen Sie Ihren Arsch hier raus und organisieren Sie gefälligst meinen Heimflug.
BR: Wie soll ich es Ihnen erklärend? Nun, direkt heraus gesprochen, bin ich aktuell gleichsam ein unfreiwilliger ›Gefangener‹ in jenen Räumlichkeiten, ebenso wie Sie es... 
DV: Sie sind ein Gefangener in ihrem eigenen Haus?
BR: Streng genommen gehört das Anwesen nicht mir.
DV: Das weiß ich, Sie Idiot. Was denken Sie, von wem und woher ich gerade komme?
BR: Das weiß ich, meine Teuerste.
DV: Nennen Sie mich nicht so!
BR: Wie soll ich Sie dann bitte ansprechen?
ERZ: Die Tür vom Bad geht auf und SCH kommt mit ihren ›Arbeitsklamotten‹ heraus, also mit der Kleidung, die sie vorher trug, mit Ausnahme der Nylons. Sie hatte offenbar neue Strümpfe gefunden, im blickdichten Schwarz aus Baumwolle.
SCH: Wir nennen sie einfach MeiTe.
BR: Klasse Idee, Tilly. Gut schaust du aus.
SCH: Danke, Tony. Wenn du dich frisch machen willst, das Bad wäre jetzt frei.
BR: MeiTe, entschuldigen Sie mich bitte für einen Moment.
ERZ: BR entfernte sich von DV. SCH und BR trafen sich auf halbem Weg, gaben sich umschlungen einem längeren, teils heftigeren Kuss hin, ehe BR im Bad verschwand. SCH ging an DV vorbei, diesmal deutlich weniger verlegen, und steuerte geradewegs die Hausbar an.
SCH: Ich denke, ich gönne mir ein Tonic Water. Was willst du zum Trinken, Meite?
DV: Haben Sie mich gerade geduzt?
SCH: Ja. Wissen Sie, Schlampen haben keinen Anstand.
DV: Sie haben nicht etwa heimlich gelauscht?
SCH: Heimlich nicht, Meite. Aufgebracht ist dein Organ wohl auch durch die dicksten Wände noch überaus gut hörbar. Das muss von deinen Büttenreden aus dem Bundestag ...
DV: Halten Sie Ihr unflätiges Maul und schenken Sie mir auch was von der Bitterlimo ein.
SCH: Chinin ist keine gute Idee in deinem Zustand.
DV: Von was reden Sie? Wie hießen Sie noch gleich? Dilly?
SCH: Tilly. Du darfst mich Tilly nennen und auch duzen. Tony und ich wissen von deiner Schwangerschaft.
DV: Weiß sonst noch jemand davon?
SCH: Nur Milutin. Also, was hättest du gerne?
DV: Das da drüben schaut aus wie Ginger Ale.
SCH: Gute Entscheidung. Ingwer ist was gegen Übelkeit.
ERZ: SCH schenkt die Limo für DV ein und geht damit zu einer Sitzecke bestehend aus zwei Sofas und einem Sessel. Die Gläser stellt sie auf den ovalen Tisch dazwischen ab und nimmt dann auf dem Zweisitzer Platz, der Richtung Tür zeigt. Missmutig schreitet DV zu ihr und setzt sich auf die andere Couch, links neben der ersten. Der gegenüberliegende Sessel wirkt zwar geräumig, aber ist vermutlich zu eng für DV.
SCH: Nun, MeiTe, wie lange hast du uns schon zugeschaut?
DV: Bei Here I am Baby bin ich aufgewacht und erstmal ins Bad. Als ich bei You Ought To Be With Me wieder herauskam, bist du glücklicherweise schon gekomme... 
SCH: Mit anderen Worten: nicht lange.
DV: Keine Sorge, Liebchen, ich werde deinem Serben nichts davon stecken, das bleibt unter uns.
SCH: Och, das braucht es nicht. Trotzdem verbindlichsten Dank. Das ist sehr großherzig von dir.
DV: Warum wolltest es du, Verzeihung, wollten Sie es...
SCH: Hab dich nicht so. Wir duzen uns alle hier.
DV: Herrje..., also gut: Warum hast du danach gefragt?
ERZ: SCH wollte schon zu einer Antwort ausholen, da kommt BR zur Türe heraus und übernimmt das für sie.
BR: Sagen wir es so: Die Winterschlafende in der Blase sollte davon tunichst nichts mitbekommen.
DV: Sie meinen von Ihrem Techtelmechtel mit Tilly?
SCH: Du darfst ihn auch duzen, MeiTe.
BR: Echt, darf sie das?
SCH: Wenn ich es sage, Tony, dann darf sie es.
BR: Nun, wenn das so ist, will ich mich neuerdings vorstellen: Mein wirklicher Name ist Alwyn Lopez Jarreau – und verehrte MeiTe, du darfst mich ruhig einfach nur Al nennen.
DV: Du bist ein elendig schlechter Schwindler, aber du hast Musikgeschmack. Es gibt keine bessere Fick-Musik...
SCH: Entschuldigung, das Album hab ich ausgesucht.
DV: Dann gebührt dir die Ehre.
BR: Die Damen, Al schenkt sich jetzt ein Bitter Lemon ein.
SCH: Warte, Tony, ich hol es dir.
DV: Stopp, Tilly. Ich hätte gerne auch noch was. Diese Bio-Guaraná-Cola lacht mich verschmitzt an.
SCH: Aber du hast dein Ginger Ale noch gar nicht angerühr...
ERZ: DV nimmt das Glas des kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränks in die Hand und leert es ohne Abzusetzen.
DV: Ahh! Das war gut. Eine Schwangerschaft macht offenbar durstig. Tilly, du sollst ihn nicht bedienen. Er steht eh noch und soll mir die Cola bringen. Aber mit Eiswürfeln bitte.
BR: Verehrte MeiTe, liebe Tilly, ich bediene euch gerne. 
ERZ: BR nimmt das leere Glas entgegen, zwinkert SCH zu und geht zur Bar, schenkt sich ein Bitter Lemon ein und DV die gewünschte Bio-Cola auf Eis. Währenddessen verwickelt SCH DV in ein belangloses Gespräch, sodass BR mit dem Rücken zu den Frauen heimlich ein Mittelchen aus seinem Ring in das Glas von DV träufeln kann. Mit den Getränken in der Hand geht er zurück zur Sitzecke, stellt die Cola auf den Tisch ab und nimmt mit seiner Bitter Lemon Platz im Sessel.
BR: Ich unterbreche ungern euer tiefsinniges Gespräch, aber ich will gerne einen Toast ausbringen, wenn wir alle schon so, sagen wir ruhig, ›konspirativ‹ hier beisammensitzen. 
DV: Tony, du bist ein richtig schlechter Gastgeber. Wo sind die Crackers, das Fingerfood, die Appetithäppchen ...? 
BR: Tilly stellt uns gleich was Nettes zusammen. Lasst uns vorher aber erstmal auf deine Gravidität anstoßen. 
SCH: Gravidität – wie schön du das gesagt hast, Tony.
BR: Danke, Tilly. Also, wie sieht es aus? Darf ich die Damen dann bitten, ihre Gläser zu erheben?  
DV: Wenn du darauf bestehst, von mir aus. 
ERZ: Und so kommt es. Alle drei stoßen ihre Gläser zusammen und trinken auf die Schwangerschaft von DV.
DV: Und jetzt lass uns über meinen Heimflug reden. Zuerst einmal: Warum kommen wir nicht aus diesem Raum heraus? 
SCH: Also Tony, was hast du ihr da für einen Schwachsinn erzählt. Natürlich kommen wir hier heraus. Ich muss nur meine Codes eingeben, und schon öffnet sich die Tür. 
BR: Ach, ehrlich, du hast sie verschlossen?
SCH: Was denkst du denn? Ich musste doch verhindern, dass Milutin hier hereinkommt und uns in flagranti erwischt.
DV: Na, wenn das so ist, haben wir ja tatsächlich einen Grund für einen weiteren und letzten Toast.
BR: Hear, hear! Erhebt eure Gläser für ein letztes Mal!
ERZ: Alle drei stoßen nochmalig ihre Gläser zusammen, trinken auf DVs Rückflug und ihre Drinks sogleich auf Ex aus.
DV: Tilly, du brauchst keine Häppchen mehr zu machen. Tony – es war mir eine Ehre. Sofern wir dann könnten.
BR: Eben, wieso Zeit verschwenden mit unnötigen Gequatsche. Tilly, öffne die Tür. MeiTe, würdest du mir noch einen kurzen Augenblick schenken. Ich will dir da noch etwas auf den Weg mitgeben. Einen Tipp sozusagen, ganz unter uns.
DV: Wenn du darauf bestehst.
BR: Bleib sitzen, ich komme rüber zu dir.
ERZ: Tilly geht zur Tür und öffnet sie. BR steht auf, geht um den Tisch herum und kniet sich vor DV nieder.
DV: Wird das jetzt ein Heiratsantrag, oder was?
BR: Nein, meine liebe MeiTe, das wird es ganz und gar nicht. Es werden meine letzten Worte an dich sein.
DV: Wie darf ich das verstehen?
BR: Höre mir bitte jetzt genau zu. Wir haben uns niemals gesehen. Du bist nie hier gewesen. Alles war nur ein Traum.
DV: Nochmals fürs Protokoll: Du bist ein schlechter Lügner.
BR: Ich existiere gar nicht, ausschließlich in deiner Fantasie.
DV: In meiner Phantasie? Von was redest du?
BR: Wir haben uns niemals gesehen. Du warst nie hier.
DV: Und das war alles nur ein Traum.
BR: Exakt. Schlaf gut, meine Teuerste. Süße Träume.
ERZ: DV will noch zu einer Antwort ansetzen, ist jedoch außerstande dazu. Sie sackt einfach weg und ihr Oberkörper fällt zur Seite, rechts auf das Sofa.
BR: Du kannst die Türe wieder schließen, Tilly.
SCH: Nein, Tony. Wir müssen sie so schnell wie möglich hier herausschaffen. Und uns auch.
BR: Wieso? In den nächsten Stunden wird sie schlafen wie ein Baby. Und wir haben noch rund 30 Minuten, bevor die 2 Stunden ablaufen. Carpe diem. Nutzen wir sie!
SCH: Ich muss dir etwas gestehen. Ich hatte einen Grund, warum ich mir das Kleid aus dem Bettlaken machte.
BR: Du wolltest mir gefallen und mich überraschen, richtig?
SCH: Nein. Das war nur ein schöner Nebeneffekt. Das Laken war ohnehin beschmutzt und musste ersetzt werden.
BR: Warum hast du es dann getan, Tilly?
SCH: Weil der Kleiderschrank der Beraterin randvoll mit Klamotten in Übergrößen ist.
BR: Was? Du musst dich geirrt haben? Sie ist doch gewöhnlich rank und schlank – außer eben vor ihrem Winterschlaf.
SCH: Genau das meine ich. Du kennst sie am längsten und besten. Deswegen habe ich dich zu fragen, ob du dir sicher bist, dass sie ihren Winterschlaf wirklich in der Blase auf der Kain-Seite hält – oder: vielleicht eher im Frauengemach.
BR: Wie kommst du darauf? Warum sollte sie das tun?
SCH: Das frage ich dich. Wenn es einer weiß, dann du.
BR: Hm .., die Zeit hier vergeht zwar ganz normal, aber man altert trotzdem kaum merklich, also wesentlich langsamer. 
SCH: Was redest du da? Wir altern nicht... ?
BR: Wir altern hier schon, aber das ganze Gebäude ist umringt von der Blase und so in dessen Einflussbereich. Ich vermute allerdings, dass diese dicken Mauern es irgendwie von der Zeitdilatation abschirmen.
SCH: Es tut mir wirklich leid, doch ich kann dir nicht folgen.
BR: Tilly, du arbeitest doch bestimmt schon 15 Jahre für sie, das heißt, du warst Mitte 30 als du angefangen hast.
SCH: Ja, und? Was willst du von mir hören? Dass es stimmt, dass ich mittlerweile stark auf die 50 zugehe?
BR: Das mag ja sein, doch du schaust nach wie vor so aus, als ob du eine Frau wärst, die nur unmerklich älter als 35 Jahre jung ist. Verstehe mich nicht falsch, bitte.
SCH: Das tue ich nicht. Das war ein liebes Kompliment.
BR: Überlege doch mal. Deine Freundinnen aus deiner Schulzeit beispielsweise: Haben die schon graue Haare?
SCH: Ja, so gut wie alle hätten zumindest graue Strähnen, wenn sie sich ihre Haare nicht ständig färben würden.
BR: Du hingegen hast keine. Du hast nicht mal Unregelmäßigkeiten während deiner Menstruationsphasen.
SCH: Woher weißt du das?
BR: Hättest du welche, würde ich das spüren.
SCH: Fokussieren wir uns doch wieder auf das Wesentliche.
BR: Gerne. Ich glaube, deine Annahme war korrekt. Irgendwie konnte ich es nie so recht glauben, dass sie diesen Schwefel so lange Zeit ohne dauerhafte Schäden überstehen konnte. Zumal sie es dann über die Zeit, in der ich sie begleitete, sehr oft hätte tun müssen. Die Intervalle waren dagegen überaus lange. Umgerechnet zur Normalzeit, hielt sie jedoch nur einmal jährlich Winterschlaf. Und diese Zahl würde sich mit der Anzahl ihrer weiblichen Gäste annähernd decken.
SCH: Es tut mir schon wieder leid, Tony. Ich kann dir nicht folgen. Das überschreitet meinen Horizont.
BR: Warte. Niemand kommt in ihren Raum außer Milutin und der Putzkolonne, nicht wahr?
SCH: Ja, und? Worauf willst du hinaus?
BR: Ich habe bemerkt, dass die Putzfrauen im 3. und 4. Quartal deutlich kürzer arbeiten,  so als ob sie ein paar Räume weniger zu reinigen hätten.  
SCH: Darunter wohl auch das Frauengemach.
BR: Ich denke, den gesamten Trakt. Oder bist du schon mal zwischen Juli und Dezember dorthin bestellt worden?
SCH: Nicht, dass ich mich erinnern könnte. Ich nehme jedoch meinen Jahresurlaub in diesen Monaten. Ach, Moment ...
BR: Und die meisten meiner Klienten empfange ich genau zu dieser Zeit, vorzugsweise im Sommerloch, wenn alle Mühlen der Regierung zum Erliegen kommen.
SCH: Sag mal: Wie schaut sie denn an Weihnachten aus?
BR: Den Heiligen Abend kennt sie nicht, sie legt Wert auf ...
SCH: Verzeihe, ihr kommt aber doch bestimmt zusammen?
BR: Ja, das schon. Sie trägt stets einen viel zu großen Rentier-Pullover, der sie wahnsinnig fett aussehen lässt.
SCH: Aha... Sag mal, habt ihr auch Sex an Weihnachten?
BR: Was ist das für eine Frage?
SCH: Ich denke, die richtige.
BR: Und ich denke, du hast recht. Du solltest das wissen ...
SCH: Halt! Bitte geh jetzt nicht ins Detail.
BR: Sie hält Winterschlaf bis kurz vor den Feiertagen.
SCH: Und sie wird augenscheinlich bald hierherkommen, um ihn abermals im Frauengemach zu halten, vermute ich.
BR: Das ist es! Wir müssen hier weg – und die Fette auch.
SCH: Wenn sie was bemerkt, sind wir so gut wie erledigt.
BR: Ganz ruhig, lass mich innehalten. Das ändert nichts an meinem Versprechen. Ich denke, mir fällt da was ein. Zuallererst muss jedoch die Bagage mitsamt von ›MeiTe‹ weg.
SCH: Da stimme ich ausnahmslos zu..., eine Sekunde mal, du meinst, sie sind alle noch hier? Toddy, Jeannie, Jenny ...
BR: ... und Milutin. Er hat meinen Befehl bestimmt ignoriert.
SCH: Was macht dich da so sicher?
BR: Er ist Serbe, und vor allem: Er ist nicht mein Serbe.
SCH: Dann sollten wir sofort ins Prostas – ins Vorzimmer –  gehen und da mal ordentlich klar Schiff machen.
BR: Aye, Ma'am! Ich hab da auch schon so eine bizarre Idee.

Epilog
Ich zitiere nachfolgend meinen Epilog vom ›Akt 2‹ aus dem Salon, der so anfing: 
›Als ob ich es vorher gewusst hätte, dass die 'Salon-Szene' sich hinziehen würde.‹ 
Besser wäre der Satz so (gewesen): 
›Als ob ich es vorher gewusst hätte, dass sich die 'Salon-Szene' hinziehen würde.‹ 
Noch wesentlich besser wäre es, wenn ich auf unnötige Epiloge verzichten würde, sofern ich nichts mitzuteilen habe. 

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¹ 
Reinhard Mey – Der Mörder ist immer der Gärtner. Quelle Lyrics/Noten:
https://www.reinhard-mey.de/download/RM_ab_1980/RM_Der-Moerder-ist-immer-der-Gaertner.pdf.
*  Das Maxikleid aus dem Bettlaken sah in etwa wie in diesem Video aus:

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