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•••Ⓚontakt

Die Beratenden – Im Geheimgang

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 V-Theorie (Pt. 11f)

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Prooimion 
Der (m. E.) schönste Nebeneffekt zu Geheimgängen ist die Tatsache, dass die Zugänge (Ein- u./od. Ausgänge) zu eben jenen nicht unbedingt einer Tür im klassischen Sinne resp. einer Geheimtür verlangen. Zugegeben, diese Vorstellung ist schwer nachvollziehbar, deswegen ein leicht zu verstehendes Beispiel: Ein Brunnen, der in einem Geheimgang mündet. Sofern der Ausgang (vzw.) ein anderer Brunnen (o. ä.) sei, wäre die Angelegenheit mit der Geheimtür erledigt. Ein solcher Geheimgang hätte keine Geheimtür. Daraus lässt sich aber auch schließen, dass Geheimgänge immer eine Zu- und Ausgangsstelle benötigen, also eine Möglichkeit auf zwei unterschiedlichen Wegen dort hinein- oder herauszukommen. Geheimgänge, die nur einen Zugang haben, sind streng genommen keine Geheimgänge, weil sie immer in eine Sackgasse führen. Im übertragenen Sinne landet man im besten Fall [sic!] in einer geheimen Kammer, einem verborgenen Raum, einem (getarnten) bunkerähnlichem (Schutz-/Militär-)Versteck oder (für ein weitere Veranschaulichung) sogar in einer versteckten Anlage – einem unterirdischen Komplex – für möglicherweise arkane, ggf. der Öffentlichkeit vorenthaltene, Belange.
Private, klandestine [heimliche] Zusammenkünfte, die nur über einen Geheimgang zustande kommen können, sind vorwiegend intime oder diskrete Treffen. Exemplarisch dafür soll uns die Vorstellung eines Adligen im Spätmittelalter (in Frankreich meist ein Fürst, ein Prinz oder ein König) dienen, der seiner Mätresse ab und an (des Nachts) Besuche abstattete, von der seine Gemahlin tunlichst nichts in Erfahrung bringen sollte. Mätressen hatten z. dieser Zt. (ca. 14. –16. Jhd.) i. Ü. (teils) auch die Funktion einer (geheimen) politischen Beraterin mit erheblichem Einfluss.

Prolog
›Der Thörichte glaubet jeglichem Worte, aber der Kluge merket auf seinen Gang‹ (Spr. 14,15) 

Akronyme
DV = Die Verwalterin (›Meine Teuerste‹)
AdB = Assistent der Beraterin (Milutin)
SCH = Die Schneiderin (Tilly)
BR = Der Berater (Tony aka. Hl. Antonius der Große)
ERZ = Erzähler (Kenny)

Dialog
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SCH: Tony, ich brauch ein Feuerzeug.
BR: Du willst doch jetzt nicht etwa rauchen?
SCH: Nein, aber hier ist kein Lichtschalter.
ERZ: BR folgt SCH durch den Spalt, steht im Halbdunkeln neben ihr und kramt in seiner rechten Jacketttasche nach einem Gerät zur Erzeugung einer Flamme.
BR: Gehen auch Kaminhölzer?
SCH: Ich frage gar nicht, was da noch alles so drin ist.
BR: In der Tasche nur ein Multifunktionsklappmesser, eine Büroklammer, eine kleine Rolle Klebeband und eine Packung Kinderkaugummis.
SCH: Aber kein Feuerzeug?
BR: Diese Hölzer kann man überall entzünden, auch an rauen und unebenen Wänden wie dieser.
ERZ: Kaum gesagt vollführt BR das Kunststück mit einem seiner überlangen Überallanzündern . Etwa zum gleichen Zeitpunkt erstrahlt der Raum in einem rosafarbenen Licht.
SCH: Das nenne ich mal ein Streichholz mit Leuchtkraft.
ERZ: BR pustet das Zündholz aus, schmeißt es auf den Boden und zertritt es mit seiner Schuhsohle.
BR: Hm, das ist seltsam, aber mich verwundert nichts mehr hier. Ein Streichholz aktiviert den Bewegungsmelder ...
SCH: Du sagst es. Lass uns endlich weitergehen.
ERZ: SCH will einen Schritt nach vorne tun, da hält sie BR davon ab, indem er ihr mit seiner rechten Hand an den Oberbauch, etwa auf Höhe des Bunds ihres Minirocks, fasst.
SCH: Hey!
BR: Pardon, aber da sind ein paar Stufen.
SCH: Huch. Danke. Das wäre beinahe schiefgegangen. Du kannst jetzt deine Hand wieder von mir nehmen.
ERZ: BR lässt seine rechte Hand ein wenig tiefer gleiten, ehe er sie von SCH löst.
BR: Hinter der Fassade deiner bezaubernden Klamotte verbirgt sich ein zartes, weiches Bäuchlein.
SCH: Ich habe den Eindruck, dass das diesmal wirklich ein Kompliment deinerseits war.
BR: Darauf kannst du wetten. Lass uns ›ins Pinke‹ ziehen.
ERZ: Die kleine Treppe hinter sich gelassen, laufen SCH und BR den in einem dunklen Rosa erstrahlenden Korridor entlang, dessen Deckenhöhe keine zwei Meter misst, wodurch BR nur geduckt laufen kann; des Weiteren wurde der Gang nicht sonderlich breit gebaut, sodass SCH und BR dicht nebeneinander schreiten müssen und gelegentlich vorkommende Berührungen unvermeidlich erscheinen.
SCH: Wir können auch hintereinandergehen.
BR: Und wenn wieder Stufen kommen?
SCH: Das glaube ich nicht.
BR: Weibliche Intuition?
SCH: Nein, aber warum sollten wir noch tiefer runter? Das Frauenzimmer ist ein erhöhter Raum.
BR: Wie kommst du darauf?
SCH: Ich hatte mal Pläne des Grundrisses gesehen.
BR: Hatte dir der Grundriss auch offenbart, wie weit es noch sein wird?
SCH: Das nicht, aber ich vermute, wir müssen uns jetzt entscheiden, wohin wir gehen wollen.
ERZ: BR und SCH stehen inmitten einer Kreuzung. Die Wege nach links und rechts sind rosa beleuchtet, der nach vorne ist stockfinster.
BR: Links oder rechts?
SCH: Weder noch, würde ich sagen.
BR: Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, aber: Wie kommst du darauf? Warum sollten wir ins Dunkle flanieren?
SCH: Ganz einfach: Die Gynaikonitis ist direkt gegenüber vom Oikos. Links geht es zu einem mir unbekannten Raum und rechts vermutlich ins Freie.
BR: Ein unbekannter Raum und ein ›vermutlich‹ vor ›Freie‹. 
SCH: Verstehst du nicht? Ich denke, diese unterirdischen Gänge ziehen sich durch das ganze Gebäude.
BR: Ein paar Wegweiser wären nicht schlecht.
SCH: Wozu? Jeder, der diese Gänge kennt, hat auch Ahnung vom Aufbau des Anwesens.
BR: Ich begreife das nicht. Der Komplex ist doch gar nicht so groß. Der ›Oikos‹, der Salon, hat welche Abmessungen – vielleicht 20 auf 20 Meter? Wieso laufen wir dann schon gute 25 Meter hier entlang, immer geradeaus? Wir sollten das Anwesen längst verlassen haben.
SCH: Du hast unsere Schritte gezählt?
BR: Warte. Vielleicht sind die Wände dicker als wir denken.
SCH: Was redest du da?
BR: Bist du schon mal über das Prostashaus geflogen?
SCH: Ja, sicher, unzählige Male. Es gibt ja keinen anderen Weg hierher. Oder dachtest du etwa, ich würde mit dem Rad zur ›Arbeit‹ kommen?
BR: Nein, ich meinte ohne Augenbinde?
SCH: Niemand darf die Augenklappe abnehmen, außer ...
BR: ... Milutin, der Pilot. Richtig. Ich tat es dennoch einmal, das ist schon mittlerweile viele Jahre her. Der Serbe hat es natürlich bemerkt und mich wohl nur deswegen nicht zu herbe gescholten, weil ich der engste Vertraute von S...
SCH: Er hat mir immer gesagt, er würde mich schweren Herzens umbringen müssen, wenn ich das tue.
BR: Wirklich? Umbringen? Das hat er gesagt?
SCH: Tatsächlich sagte er – und er sprach das oft zu mir, fast vor jedem Flug –, er würde mich erst beinahe zu Tote ficken und dann bei lebendigem Leibe auf mich ...
BR: Die Einzelheiten erspare mir bitte.
SCH: Das war nur eine Version, er hatte viele auf Lager.
BR: Begnügen wir uns mit der einen. Fakt ist, ich denke, dieses Anwesen hat dickere Mauern, als wir es uns vorstellen können. Es sah sehr massiv erbaut aus.
SCH: Und deine Erinnerung trüben dich wirklich nicht?
BR: Du kennst doch diese Kuppel über dem Salon.
SCH: Ja na klar, sie ist ein natürlicher Lichteinfall.
BR: Und wenn ich dir verrate, dass es in Wirklichkeit keine Kuppel, sondern eine kreisrunde Scheibe ist. Von innen wird einem suggeriert, es sei eine Kuppel, aber von oben sieht man, dass es ein ringförmiges Gebilde ist, das keinerlei Wölbungen nach außen aufweist.
SCH: Was hat das jetzt mit den Wänden zu tun?
BR: Hast du hier schon mal ein Fenster entdeckt, dass nicht zum Innenhof aufgeht, da wo scheinbar der Heli landet?
SCH: Wie sollte ich das? Ich stand noch niemals vor dem Gebäude. Niemand gelangt hier rein oder raus, außer über den Landeplatz des Peristyls.
BR: Oder, wovon wir stark ausgehen können, über diese unterirdischen Geheimgänge.
SCH: Das war eine Annahme von mir.
BR: Lass mich dir anders auf die Sprünge helfen: Du bist doch öfters im Propylon zugange, richtig?
SCH: Tatsächlich verbringe ich da die allermeiste Zeit. Es ist mein Gewächshaus. Wenn ich nicht hauchdünne Kleidungsstücke mit wenig Stoff für deine Intimas zaubere, ...
BR: Sag mir, wie dick schätzt du die Pfeiler dort?
SCH: Warst du wirklich noch nie, in all den Jahrhunderten, in der Eingangspforte?
BR: Beantworte mir doch einfach meine Frage.
SCH: Es gibt keine Pfeiler. Das sind circa 5 Meter breite Wände, die bis zu den Grundmauern des Hofs reichen, mit einem relativ schmalen und niedrigen Durchlass dazwischen.
BR: Und darüber ist jeweils eine Kuppel.
SCH: Ja, man kann Sie mit einer Art von Iris verschließen.
BR: Tilly, ich hab es von oben gesehen. Das sind keine Kuppeln, es sind ebenfalls ringförmige Scheiben, so wie die im Hof. Wieso sollte man denn Kuppeln mit einer Iris verschließen? Das macht nur dann Sinn, wenn es keine Kuppeln sind.
SCH: Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst.
BR: Der Hubschrauber ist nur eine Attrappe.
SCH: Du fantasierst dir da was zusammen. Ich steige in einen ziemlich rundlichen Hubschrauber ein und auch wieder aus ihm – jedes Mal, wenn ..., ach – einen Augenblick mal.  
BR: Fantasiere ich für dich jetzt immer noch?  
SCH: Sofern du denkst, was ich denke, dann nicht.
BR: Falls du über einen Begriff mit 3 Buchstaben grübelst, welcher mit U beginnt und mit einem O endet, dann ja.  
SCH: Der Helikopter ist in Wirklichkeit ein UFO!?
BR: Und um dieses herum wurde ein Heli nachgebildet.
SCH: Damit ergäben die ringförmigen Gebilde, die du gesehen hast, einen tieferen Sinn. Das sind mehr oder weniger ...
BR: ... Landeplätze für UFOs. Ganz recht.
SCH: Alles schön und gut, doch hilft uns das jetzt weiter?
BR: Im Augenblick nicht. Nichtsdestoweniger habe ich ein autobiografisches Gedächtnis, wie du weißt, dass weit über das Vorstellbare hinausgeht. Wichtige oder entscheidende Erlebnisse gehen mir daher niemals verloren. Wir können das also auch gerne ein andermal wieder aufgreifen.
SCH: Abgemacht.
BR: Ich glaube allemal  – doch, ich bin mir sehr sicher –, es sind nur noch wenige Meter bis zum Frauentrakt.
SCH: Und was macht dich da so felsenfest ...?
BR: Vielleicht männliche Vorahnung.
SCH: Ihr wisst wohl immer, wann ihr kommt, wann ihr es nicht mehr aufzuhalten vermögt.
BR: So was in der Art, ja, jedenfalls verhält sich es bei mir ...
SCH: Rekapitulieren wir: Wir sind uns also einig – geradeaus ins Dunkle, erhellt mit deinen Superzündhölzern.
BR: Es können wirklich nur ein paar Meter sein.
SCH: Also gut, dann entfache mal dein Licht.
ERZ: BR kramt seine Kaminanzünder aus der rechten Jacketttasche und will soeben das erste an der Wand anzünden, als ihn SCH davon abhält.
BR: Was ist? Kneifst du plötzlich?
SCH: Das hättest du wohl gerne. Aber wäre es nicht klüger, wenn wir beide eines in der Hand hätten? Du leuchtest nach oben und ich nach unten.
BR: Immer noch Angst vor Stufen?
SCH: Nur zur Sicherheit – und du bist größer.  
BR: Na gut, überzeugt. Zur Not finde ich auch im Finstern zurück zum Salon.
SCH: Ich hoffe, du lässt mich nicht alleine hier zurück.
BR: Wie kommst du darauf?
SCH: Stellst du dich wieder dumm, weil Frauen das mögen?
BR: Ich verstehe nicht recht.
SCH: Ich wollte jetzt hören, dass du beispielsweise dein Leben für meines aufopfern würdest.
BR: Und so ein Zeugs wollen Frauen hören?
SCH: Wer will das nicht gerne hören?
BR: Also gut: Ich würde mein Leben für di...
SCH: Jetzt ist es zu spät. Beim nächsten Mal vielleicht.
BR: Warum müssen intelligente Frauen immer so kompliziert sein? Entschuldige, das war eine Frage an mich selbst.
SCH: Ich werde das auch nicht kommentieren.
BR: Danke. Irgendein Sinnspruch noch, bevor wir losgehen?
SCH: Mir fällt kein passender ein.
BR: Wie wäre es mit dem: Auf in das unbekannte Dunkel im finsteren Korridor des Geheimganggewölbes!
SCH: Ziemlich abgedroschen. Wenn wir dann könnten.
BR: Dann los. Und merke: Es kann nicht mehr weit sein.
ERZ: SCH und BR entzünden die ersten Hölzer und folgen dem Weg des dunklen Ganges. Zwei weitere Hölzer später vermag SCH etwas von oben gehört zu haben.
SCH: Hörst du das auch?
BR: Ich vernehme alleinig liebliche Wort aus deinem Mund.
SCH: Da schluchzt jemand.
BR: Oh nein, sie wird doch nicht schon wach sein!?
SCH: Hör doch, das ist keine weibliche Stimme.
BR: Tatsächlich. Und sie kommt von direkt über uns.  
SCH: Still! Ich glaube, das ist Milutin.
BR: Bist du dir sicher? Der weint doch nicht.
SCH: Wer soll es sonst sein?
BR: Vielleicht haben wir uns verlaufen und es ist Toddy.
SCH: Rede keinen Unfug. Milutin! Milutin – hörst du mich!?
BR: Er schluchzt so laut, er kann dich nicht hören.
SCH: Milutin! Milutin! Wir sind hier unten!
BR: Hör doch auf, du weckst die Verwalter noch auf.
SCH: Und was schlägst du dann vor?
BR: Ich hab in meiner Eingriffstasche noch einen speziellen Teleskopschlagstock, ich nenne ihn liebevoll den ›Totschläger‹. Halte mal kurz mein Zündholz.
ERZ: BR übergibt SCH seinen kürzlich entfachten Kaminanzünder und  greift in die Brustinnentasche seines Jacketts. SCH, die bislang nur einen Blick auf den Boden des Geheimgangs gerichtet hatte, ist durch die Geräusche über ihnen neugierig geworden; so hält sie das überreichte Streichholz an die Decke, währenddessen BR seinen ›Totschläger‹ hervorkramt.   
BR: So, hier haben wir das Prachtstück.
SCH: Ähm, Tony. Ich glaube, den brauchen wir nicht.
BR: Ich hätte auch noch eine Voltigierpeitsche dabei.
SCH: Tu mir einen Gefallen und schau doch mal zur Decke.
BR: Ich sehe nur dein wunderschönes, rabenschwarzes Naturhaar, dessen Löckchen sich im Licht des Feuers winden.
SCH: Für romantisches Gesäusel haben wir jetzt wirklich keine Zeit. Und das ist auch sicherlich nicht der richtige Ort. 
BR: Dein Licht, respektive meines, geht gleich aus.
SCH: Wovon faselst du da?
ERZ: BR pustet den fast heruntergebrannten Kaminanzünder aus, den er SCH gab, ehe sie sich daran verbrennen konnte. 
SCH: Danke, aber jetzt stehen wir im Dunkeln – und ich hab keine Hölzer mehr. Hast du noch welche?
BR: Eines habe ich noch. Das wird aber nicht benutzt.
SCH: So ein Schwachsinn! Wir brauchen es! Gib schon her.
BR: Ich glaube nicht, dass wir es brauchen.
SCH: Du machst Scherze, oder?
BR: Ich beliebe nicht zu scherzen, auch nicht im Finstern.
SCH: Und wie soll ich dir dann die Luke zeigen, die ich soeben über uns entdeckt hab?
ERZ: Auf einmal wurde es hell im Geheimtunnel.  
BR: An meinem Teleskopstab ist noch eine Taschenlampe.
SCH: Und das ist dir jetzt erst eingefallen?
BR: Verzeihe, es ist schon ein wenig her, als ich ihn zuletzt benutzen musste. Und ich stehe aktuell unter großem Druck.  
SCH: Und wen hast du damit erschlagen oder erleuchtet?
BR: ›Erschockt‹ eher. Das ist ein einzigartiges Multifunktionsgerät. Es hat auch noch einen Taser und ...
SCH: Er hat eine Taschenlampe. Das genügt. Was ist mit dir überhaupt los? Ich sag, da ist kein Licht und du kommst mit Zündhölzern daher.
BR: Nein, du fragtest nach einem Feuerzeug und dass du den Lichtschalter nicht findest. Woher soll ich wissen, dass es dir nach einer Taschenlampe giert?
SCH: Jetzt fuchtle mit dem Ding nicht ständig herum, sondern leuchte nach oben.
BR: Jawohl, die Dame. Dein Wunsch ist mir Befehl.
SCH: Ich glaube, einen ganz Tag mit dir alleine, den würde ich nicht ertragen.
BR: Deswegen bin ich Berater und du Schneiderin.
SCH: Und was bitte empfiehlt dann der Heilige Berater, wie man die elende Klappe am schnellsten aufzubekommen hat?
BR: Hm, ich könnte sie tasern.
SCH: Großartige Idee. Du elektroschockst die Luke auf!
BR: Das nicht, aber so ein Taser gibt schon ein arg unangenehmes Geräusch ab, das gegebenenfalls Milutins Aufmerksamkeit erregen könnte. Ich bräuchte dafür lediglich einen Fetzen von deiner Bluse.  
SCH: Nur aus reiner Neugierde: Wie soll das funktionieren?
BR: Ganz einfach. Du siehst doch diese Öse da oben. Da muss der Stoff hin. Dazu nutze ich mein Allzweckmesser und die Büroklammer und ein Stückchen vom Klebe...
SCH: Bitte erspare mir den Rest.
BR: Wie du wünschst, der andere Vorschlag wäre sowieso mein Favorit. Basteleien liegen mir nicht so sehr, sofern ich sie selbst vornehmen muss.
SCH: Unterbreite mir einfach deinen zweiten Vorschlag.
BR: Nun, ich nehme an, dass die Öse als Ziehhaken dient und wir unterhalb von einer Dachbodentreppe stehen.  
SCH: Du meinst, das ist eine Falltür im Frauengemach. Hm, da ist was dran. Warum bin ich nicht darauf gekommen?  
BR: Du stehst offenbar unter großem Stress. Ich dagegen bin die Ruhe in Person. Das bringt mein Beruf so mit sich.
SCH: Wenn du jetzt noch eine Lösung hast, wie wir da herankommen und sie öffnen, dann bist du engagiert.  
BR: Ich habe sogar mehrere.
SCH: Dann lass hören.
BR: Möglichkeit 1 wäre, dass du auf meine Schultern steigst.
SCH: Abgelehnt.
BR: Möglichkeit 2 wäre, dass ich dich hochhebe.
SCH: Abgelehnt.
BR: Möglichkeit 3 wäre der Klassiker – die Räuberleiter.
SCH: Abgelehnt.
BR: Wieso lehnst du alles ab, was ich vorschlage?
SCH: Weil ein Berater in meinen Augen genauso hinterlistig ist wie ein Versicherungsvertreter.   
BR: Eine spannende These, ...
SCH: ... die wir nicht ausdiskutieren werden. Offeriere mir einfach gleich den, deiner Meinung nach, besten Vorschlag.
BR: Ich habe an meinem Teleskopstab einen Stockhaken.
ERZ: SCH verdeckt mit ihren Händen ihre Augen, verharrt einen Moment so und blickt dann BR streng und fest an.
SCH: Warum sagst du das nicht gleich?
BR: Weil es da ein Problem gibt. Der Haken ist auf der anderen Seite der Leuchte. Ich müsste also mehr oder weniger im Dunkeln herumstochern.
SCH: Dann entzünden wir einfach das letzte Kaminholz.
BR: Nein, kommt nicht infrage.
SCH: Muss ich dich wirklich nach dem Grund bitten?
BR: Das darfst du gerne tun.
SCH: Dann frage ich dich hiermit – warum?
ERZ: BR kramt die Packung aus seiner rechten Jacketttasche, legt sie in die offene rechte Hand und leuchtet darauf. 
BR: Siehe: Das ist eine Original-Schachtel der Riesaner Zündwaren von 1963 zu deren 40-jährigem Bestehen.
SCH: Ah, das ist ja interessant. Darf ich die mal anfassen?
BR: Ja, selbstverständlich, aber sei vorsichtig.
SCH: Das ist wunderschön gemacht, einfach, aber schön. Vor allem dieser Schriftzug und das Logo – ein Kreis, ein Kreuz aus zwei Hölzern und darüber ein R.
BR: Früher verstand man noch sein Handwerk.
SCH: Das leuchtet mir ein. Ja, echt, ohne Flachs. Ich begreife jetzt, warum du das letzte Stück nicht anzünden willst. Ich denke, wir machen das mit der ›Hochhebenummer‹.
ERZ: BRs Augen begannen zu funkeln, als plötzlich SCH den letzten Anzünder aus der Packung zieht und ihn an der Wand entfacht.
BR: Nein! Das kannst du nicht machen.
SCH: Ich hab es gemacht und es gibt kein Zurück mehr. Das letzte Riesaner Holz brennt und du solltest dich beeilen.
BR: Warum müssen intelligente Frauen immer so ...
SCH: Quatsch nicht, mach hin. Das Ding brennt nicht ewig.
ERZ: Mit dem dritten Versuch schaffte es DB endlich.
BR: Ich bin drin – und was nun?
SCH: Wie, was nun? Zieh einfach.
ERZ: Und BR zog.
BR: Das klemmt irgendwie.
SCH: Dann zieh stärker.
ERZ: Und BR zog stärker.
BR: Geh lieber ein Stück zurück, ich glaube, die Decke kommt gleich herunter.  
SCH: Meinst du das ernst?
BR: Nein, aber ich wollte die beiden Sätze schon immer mal sagen – geh ein Stück zur Seite und die Decke komm...
SCH: Sie kommt wirklich. Du hast es geschafft!
BR: Nein, wir haben es geschafft. Jetzt müssen wir sie nur noch ausfahren – und dann können wir hoch.
SCH: Ich würde dich am liebsten küssen, aber ...
BR: Schon gut, verstehe. Wichtig ist mir jetzt eher, dass du nicht nach Milutin rufst. Verhalte dich so ruhig wie möglich. Wir wollen die plumpe Verwalterin ja nicht aufwecken.
SCH: Okay. Weißt du, wie man die Treppe herunterzieht?
BR: Klar, ich hab mal einen Kaminkehrer begleitet.  
SCH: Du hast was!?
BR: Psst. Leiser. Er war der Schornsteinfeger im Regierungsviertel und er machte auch einige Hausbesuche.   
SCH: Du hast deine Klienten also ausspioniert. Clever ...
ERZ: BR wollte schon zu einer Antwort ansetzen, da hörte er eine Stimme von oben. Unmittelbar darauf sahen beide ein bekanntes Gesicht, das zu ihnen nach unten blickte.
AdB: Ko je to owde?
SCH: Milutin. Wir sind es. Tony und ich.
AdB: Tilly?
SCH: Ja. wer sonst?
AdB: Milostivi gospodine, kako je?
BR: Noch kann ich weglaufen ...
SCH: Das wirst du nicht – nach dir, bitte!

Epilog
Es war richtig und wichtig, diesen Abschnitt der Geschichte derart aufzublasen. Es war jedoch die falsche Entscheidung, aus dieser Szene keinen ›Zweiakter‹ zu machen. Ich werde daraus meine Lehren ziehen, vielleicht sogar schon im Frauengemach, wer weiß? Der Preis ist heiß.

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