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•••Ⓚontakt

Die Nummer ||

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Die amerikanische, handschriftlich geschriebene Nummer 11 – || – ist ungleich mehr unsterblich wie die römische, in Majuskeln dargestellte, Ziffer, die für die Zahl 2 – II (II) – einsteht. Ich werde diese, unbedachte Eingangsthese keinesfalls erläutern, denn es ist mehr etwas Dahingesagtes, über das sinnentfremdet, lang und breit, philosophiert, werden kann, und es wurde überdies alleinig wegen der Darstellung des Titels (von mir) aufgegriffen oder in den sprichwörtlichen Raum geschleudert. Tatsächlich wollte ich damit den Bogen zum Thema Untersterblichkeit aufmachen, was nicht wirklich gelang. Ich versuche es daher nochmals – [(und) in Gänze] anders.
Vorausgesetzt es sind die Werke eines Menschen, die Unsterblichkeit vorgaukeln, gilt es zu hinterfragen, wie »Werke« zu definieren sind. Werden Niederschriften außen vor gelassen, könnten, im übertragenen Sinne, Denkmäler ihre Stellung einnehmen. Doch was versteht dann man unter »Denkmälern«? Es könnten wiederum Werke sein, Werke lediglich in eine andere Beschaffenheit transportiert? Eine plastische Darstellung einer Person, eine in Stein gehauene Skulptur, eine aus ehernen Elementen gegossene Statue, ein kopf-, bein- und armloser Torso, aus welchem Material auch immer. Fallen alte Gebäude unter Denkmalschutz auch unter die Denkmäler? Oder können Denkmäler gar auch auf ganz anderer Ebene, auf einer gedachten, existieren und zumindest in ihrer Beschreibung, mit einem Hauch hinein in die Gefühlswelt, von einer Generation auf die nächste übertragen werden? Ist diese langatmige These ebenso unvorstellbar wie die erste und regt ausschließlich zu einem oberflächlichen, nicht aussichtsreichen Gespräch an? Können womöglich auch innerliche Denkmäler zerbröckeln oder gar zum Einsturz gebracht werden? Die letzte Frage finde ich persönlich spannend. Gehen wir deshalb dem einmal nach, verfestigen wir die These, mit einem einfach-gehaltenen Beispiel, ohne in eine Detailschau abzudriften.

Die Protagonisten sind eine alleinerziehende Mutter, ihre Tochter und in der (gedachten) Nebenrolle der Vater (und Ehemann), der unmittelbar nach der Geburt des gemeinsamen Kindes als verschollen galt und weiterhin gilt. Es sind seither gut 25 Jahre vergangen, die Tochter ist erwachsen und kann folglich die Erzählungen ihrer Mutter über den vermissten Vater auf einer ganz anderen Ebene erfassen. Das farbenfrohe, unbewusst gemachte Bild ihres nie-gekannten und erlebten Vaters – sie liegen aufgrund der vielen Gespräche in ihrer Kindheit und Jugend tief in ihr – nehmen nun deutlich intensivere Formen an, die mit jeder weiteren Anekdote aus der Vergangenheit präziser werden. Die kindlich vorgestellte Figur des Vaters verfestigte sich über die Zeit ohnehin und bietet jetzt kaum mehr Spielraum für Varianten in der Darstellung auf, kein Wunder, ist sie [die Tochter] doch an dem Scheideweg der Adoleszenz angekommen. Falls zu diesem oder einem späteren Punkt ihr Vater unvermutet wieder in Erscheinung (und in ihr Leben) träte, so dürfte für sie jener Teil ihrer inneren Welt mit hoher Wahrscheinlichkeit gänzlich zerstört, allemal erheblich verletzt, werden. Das gesetzte und durch die Mutter übertragene »Denkmal« würde nach und nach in sich zusammenbrechen. Das Happy End käme einer Tragödie gleich.       

Wäre das kein »interner« Eintrag, um das 11-jährige Blogjubiläum zu »huldigen« – wertzuschätzen –, würde ich daraus eine längere Kurzgeschichte [Oxymoron-Alarm, sic!] spinnen. Die knappgehaltene Moral des Beispiels wäre: Innerliche Denkmäler, die in das Äußere projiziert werden, verdienen nichts mehr als die absolute Bedeutungslosigkeit. Aus eben jenem Grund bewahre ich mir solcherart von Bildern im Inneren und hoffe auf die niedergeschriebenen Werke als Ganzes im Äußeren – nicht für die Unsterblichkeit wohlgemerkt, denn die habe ich dazwischen, zwischen den Zeilen (wohl schon – oder gar mit Absicht? –), vergessen.

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