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Gastbeitrag: Pfingsten

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 Social Media (Pt. 38)


Vom 03. Mai 2020 bis zum 20. Juni 2020, vom Hagel-/Schauerfreitag bis zum Herz-Jesu-Fest, sprach ich mein zehntes Groschenheft in der Reihe GzN mit dem Titel "Laientheologie – Von der Himmelfahrt bis zur Ausgießung" ein und publizierte es am 21. Juni des gleichen Jahres. Die allermeisten Einträge entstanden zwischen Christi Himmelfahrt und Fronleichnam. Wer das Werk liest/las, kommt zum Schluss, dass ich ein durchweg religiöser Mensch bin, und man kann ferner vermuten, dass ich das bin ohne einer Konfession anzugehören [– dazu werde ich vielleicht mal gesondert etwas schreiben]. Unter diesem Gesichtspunkt war ich aufgrund der ersten paar Sätze des folgenden, abermaligen Gastbeitrags ein wenig gekränkt und bat um eine geringfügige Korrektur, die auch vorgenommen wurde. Auf den semi-prosaischen Gesamtinhalt hatte es keine Auswirkung.
 
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Pfingsten
Von Frank-Reg. Wolff

Ehrlich gesagt, habe ich die Bedeutung von Pfingsten verdrängt und ich verspüre auch keinerlei Drang diese Bildungslücke zu schließen – was einfach wäre im 21. Jahrhundert mit all seinem technischen Schnickschnack. Irgendwo las ich einmal den Satz:  Mut zur Bildungslücke!
Selbst die Bildung eines hochgebildeten Menschen besteht aus Bildungslücken, und gibt es nicht viel zu viel überflüssiges Wissen!? Die Kunst besteht eher darin Bildungsballast abzuwerfen, um das wahre Wissen zu seiner Essenz zu reduzieren.

Aber davon wollte ich an diesem noch jungen Pfingstsonntag nicht schreiben. Ich wachte heute mit den ersten Vogelstimmen ihres dann einsetzenden Frühkonzerts auf, schlug dann vor meiner Hütte in der Morgendämmerung mein "Wasser" ab, wofür sich in unserem Aipotu-Gartenreich immer dankbare Pflanzen finden. Meine Frau und unsere beiden kleinen Söhne schlafen drüben in einer anderen Hütte noch den Schlaf der Unschuldigen und Gerechten. Ich bin froh in diesem Paradies angekommen zu sein nach einer sehr langen Lebensreise, über die ich nicht viel Worte machen will.

Morgens nehme ich immer den Saft einer halben Limette zu mir, gemischt mit etwas Olivenöl. Vorher trinke ich etwas Wasser, um meinen Magen auf das Saft-Ölgemisch vorzubereiten. Dann mache ich mir meinen Morgenkaffee, genauer gesagt eine große Tasse Milchkaffee mit Honig gesüßt.
So gestärkt verlangt mein Hirn nach Stimulation = Inspiration! Ich fütterte daraufhin meine grauen Zellen mit Texten eines in Berlin lebenden türkisch-stämmigen Schriftstellers namens Zafer Şenocak, der sehr geistreich ist. Ich werde mir erlauben einige geistreiche Stellen aus seinem Buch "Die Prärie" in diesen Text mit einfließen zu lassen und will gleich damit anfangen: 

"Vom Fenster aus konnte man das Meer sehen. Welches Meer? Was hat es für einen Sinn, dass Meere Namen haben? Es gibt für mich nur ein einziges Meer auf der Welt. Es umgibt meine Kindheit."* 

Eine schöne Stelle, die viel zärtliche Poesie in sich trägt. In der Kindheit sammeln wir all die poetische Wegzehrung für die anstehende Reise in die Welt der Erwachsenen, die ich selbst als Kind für vertrauensvolle Wesen hielt, die wissen was sie tun. Ich hatte mich geirrt und sollte selbst lange zu den Irrenden gehören...

Vorgestern habe ich seit langer Zeit einmal wieder eine literarische Veranstaltung besucht. Unweit von unserem Aipotu-Gartenreich befindet sich die angeblich "schönste Kleinstadt Deutschlands", in der am letzten Freitag die letzte Veranstaltung des "Bücherfrühlings" stattfand. Das Programmheft für den 20. Quedlinburger Bücherfrühling gibt über den Programmpunkt "LOCALLESUNG" im Pölkenhof folgende Auskunft:

„Autoren aus der Region und solche die es werden wollen, lesen Kurzgeschichten, Gedichte, Aphorismen, Novellen, Aufsätze, Essays etc. zu aktuellen politischen Themen."**

Das hörte sich schon einmal vielversprechend an, obgleich mich solche Versprechen vorweg immer vorsichtig stimmen doch meine Erwartungen besser nicht zu hoch anzusetzen. So gestimmt fuhr ich mit meinem Fahrrad auf der frisch geteerten Landstraße die wenigen Kilometer in die "schönste Kleinstadt Deutschlands", die sich selbst mit dem UNESCO-Weltkulturerbe-Titel schmückt und momentan ihr 11. hundertjähriges Stadt-Jubiläum feiert. Die mittelalterliche Innenstadt (Fachwerk) war deshalb für Automobile gesperrt (angenehm!) und ich parkte meinen Drahtesel unweit des Veranstaltungsortes. Letzterer entpuppte sich als eine Art Biergarten im Hinterhof, an den sich ein zweiter Hinterhof anschloss, wo sich ein geräumiges "Hinterzimmer" (fast schon ein kleiner Saal) befand, wo die literarische Veranstaltung stattfinden sollte. Man war bei meinem Eintreffen noch dabei die Stühle aufzustellen und wähnte schon dass heute wohl wegen des Stadtfestes nicht so viele Interessierte kommen würden. Es wurden tatsächlich nur 10 oder 12 Personen, weshalb der Stuhlkreis näher ans Podium rücken durfte. Dort saßen die Vortragenden mit ihren Textseiten, aus denen sie dann vorlasen. Darunter war auch ein Lehrer namens Witold aus Thüringen, der Texte anderer Teilnehmer äußerst professionell vortrug, weshalb ich ihm einen Text aus meinem Buch "Unangepasstes zur Sinnsuche" (Seite 168, "Ist die Menschheit therapierbar?") vortragen ließ. Der Text entstammt der 6. Auflage (2022), ist ganz neu in diese Fassung gekommen und der Ukraine-Krieg spielt darin eine maßgebliche Rolle. Witold erwarb dann später das Buch von mir aus dem er zuvor gelesen hatte, was mich natürlich freute als ich ihm daraufhin eine Widmung ins Buch schrieb. Tatsächlich waren einige Autoren anwesend, deren Texte ein gutes Potential haben. Darunter die kulturpessimistischen Texte von Thomas L., der auch der Organisator dieser Veranstaltungsreihe ist, und die Lyrik einer brasilianisch-stämmigen Frau namens Chris, mit der ich mich nach der Veranstaltung angeregt unterhalten sollte. Ich schlug den Damen und Herren Autoren vor eine Literaturgruppe wie weiland die "Gruppe 47" zu gründen, wenngleich auch auf einem lokalen Niveau – keiner der Anwesenden (darunter eine Ärztin) kannte zwar die "Gruppe 47", aber wir einigten uns schon einmal auf den Namen "Gruppe QLB 22". Diese Gruppe QLB 22 wird sich fortan immer am 1. Donnerstag um 19 Uhr am selbigen Ort (Pölkenhof) treffen – schauen wir mal...
Man hatte sich nach der Veranstaltung noch im "Biergarten" getroffen, und ich musste feststellen dass es außer mir nur "Fleischfresser" gab – siehe dazu in meinem Buch auf Seite 165 "Eine bessere Welt ist möglich", wo ich darüber berichte wie ich zum Vegetarier wurde...

Kurz nach 23 Uhr verließ ich die Gruppe QLB 22 und begab mich zu meinem Fahrrad. Die Stadt war noch immer voller Touristen, die schon recht angeheitert durch die mittelalterlichen Gassen streiften, wo allerhand Buden zu ihrer Verköstigung und Kurzweil aufgestellt waren. Schnell verließ ich die Stadt auf Schleichwegen, da meine Fahrradbeleuchtung nur hinten (rot) funktionierte. Als ich die "schönste Kleinstadt Deutschlands" mit ihren letzten Straßenlaternen hinter mir hatte, fuhr ich ohne Licht (meine Augen hatten sich schnell an das Halbdunkel gewöhnt) auf einem Feldweg in Richtung Gartenreich. Ich erreichte es unbeschadet kurz vor Mitternacht und hörte mir dann um 0 Uhr die Nachrichten im Radio an. Der Sprecher sagte nach dem Zeitzeichen: "Heute ist Sonntag der 4. Juni" – mein 65. Geburtstag. Ich feiere diese Geburtstage seit ein paar Jahren nicht mehr und meine junge Frau willigte auf meine Bitte auch ein davon kein Aufheben mehr zu machen. Gestern, an meinem Geburtstag, fand dann ein Kinderfest statt, welches meinen Söhnen und ihrer Mutter (nebst myself) viel Freude bereitete. Auch lernte ich einen Filmemacher mit seiner polnisch-stämmigen Frau (Mutter dreier Kinder kennen, die auch Schauspielerin und Drehbuchautorin in spe ist) kennen und eine interessante Zusammenarbeit bahnt sich in unserem Gartenreich an...

Abschließend noch ein letztes Zitat von Zafer Şenocak: 

"Wenn man sich dem Willen des Zufalls beugt, bringt man eher Ordnung in sein Leben, als wenn man an dem Glauben festhält, man könnte sein Leben im vorausplanen."*** 

Richtig. Nur kommt der Zufall nicht ganz so zufällig daher, wie mein gemeinhin meint, sagte einst sinngemäß (auf Dänisch) der Physiker Niels Bohr. Aber das ist ein weites Feld, zu groß um es ernsthaft zu beackern. Es ist jetzt kurz nach 6 Uhr früh und es ist Zeit noch ein Stündchen zu schlummern...
Noch eine gute Zeit und bis demnächst

Yours frankly Frank 

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Anmerkungen und Hinweis:
Weitere Texte vom Autor findet man hier: https://sinnbuch.blogspot.com/.
Internetlos empfehle ich bei Interesse sein Erstlingswerk über mich zu ordern: info@nachadla.de.
(Formeller) Disclaimer: Nicht alle Passagen entsprechen meinem Weltbild und wurden dementsprechend von mir bei der Eingabe und der Nachlese nicht geprüft, insbesondere blieben sie unzensiert. Vom Gesamtinhalt kann ich mich daher nur distanzieren und verweise für Rückfragen auf die oben aufgeführte E-Mail-Adresse.
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Şenocak, Zafer: Die Prärie. Rotbuch Verlag, Hamburg 1997, Seite 79. ISBN 3-88022-641-5.
*Autorenlesung zur Förderung literarischen Schaffens in unserer Region: https://kucaf.blogspot.com/2022/05/locallesung-im-quedlinburger.html.
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*Şenocak, Zafer: Die Prärie. Rotbuch Verlag, Hamburg 1997, Seite 71. ISBN 3-88022-641-5.   

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