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•••Ⓚontakt

10 Punkte für Emily

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Ver- oder bemerkenswert (Pt. 22)

 
Freitag, 24. September 2021 - 3 Monate vor Weihnachten -, 18:23 Uhr MESZ. Ein Tempel des lebendigen G'ttes hatte kurz zuvor die Autobahn verlassen und erfreute sich bei offenem Fenster bekannter Musikdarbietungen einer ehemaligen hannoverischen Funk-Band namens "Spice". Der Heimkunft meinerseits mit dem getreuen Honda-Vehikel stand lediglich die Komponente Zeit entgegen. Fünf Minuten galt es herunterzuzählen, ehe ich aus der Sitzschale entgleiten würde. Der Standort: Die Ausläufer des Berliner Rings am Eingang zur Sandachse Bambergs. Eine rote Ampel, drei Spuren, wie es sich so gehört für einen modern ausgebauten Autoring, auch in einem so überschaubaren Ort der Genussregion Oberfrankens. Stadtauswärts allerdings würde es einspurig vorangehen, fließt doch der Ring in die ehrwürdige Bundesstraße 4 nahtlos über.* Auf den Streifen neben mir, der nur für Linksabbieger vorgesehen ist und u. a. zu einem Einkaufszentrum führt, hupte es. Ein Mercedes-Sportwagen - Sportlich, Leicht, Kompakt - offenbarte sich als Aufmerksamkeitsgeber. Der Fahrer, ein Mitdreißiger - kurz geschorenes Haar, 5-Tage-Bart, leger gekleidet, fittes Wesen -, ließ sein Fenster zur Beifahrerseite herunter und rief mir deutlich erfreut und - für mich - unmissverständlich klar das nun Folgende hinzu bzw. hin- oder vielmehr herüber:

"10 Punkte für deine Aufkleber. Endlich mal ein normaler Mensch."

Ich lächelte, nahm die Kippe aus den Mund, reckte den linken, hochgestreckten Daumen aus den Fenster und entgegnete ein tiefgründiges "Danke, gleichfalls". Doch, und die Frage steht angelweit im Raum, was war hier überhaupt vorgefallen? 
Offensichtlich kam er aus gleicher Richtung wie ich und stand an der ersten/vorherigen Ampelanlage unmittelbar nach der Autobahnausfahrt direkt hinter mir. Ich nahm ihn und seinen Wagen unterdies nicht wahr, weil ich wie gehabt die Wartezeit bis zur Grünschaltung damit verbrachte mir eine Zigarette anzuzünden, das Fenster einen spaltweit zu öffnen und die Musik aufzudrehen. Gebracht hatte das alles nichts, denn letztendlich musste ich doch dumm das grüne Lichtsignal abpassen, welches mir die Weiterfahrt erlauben würde. Unter dem Strich könnte man festhalten: mein Timing war an genanntem Tag, ein herrlicher Altweibersommer, so richtig miserabel. Als erster in einer Reihe von anderen Fahrzeugen an einer Ampel - mit kurzer grüner und langer roter Welle - zu stehen, ist wohl das schlechteste Los, das man ziehen kann, und zwar aus einem bestimmten Grund: Es ist eine Niete geknüpft an Bedingungen, ist man doch geradewegs zum flotten Anfahren gezwungen, will man nicht den Groll der anderen Verkehrsteilnehmer provozieren oder gar heraufbeschwören. Ein Bekannter sagte mir mal vor wirklich vielen Jahren, dass sich Blechkistenfahrer in der größten Metropolstadt Frankens sogar schon despektierlich aufführen - sprich: hupen  - sollten, wenn der "Vormann" - das Auto im ersten Glied - nicht (bereits) bereitwillig bei Gelb anfahren würde. (Er hatte im Übrigen mehr als Recht.) Mein Fahrlehrer berichtete mir auf der anderen Seite in einen meiner ersten Fahrstunden, dass der Bamberger liebend gerne die gelbe Welle nimmt, und konkret meinte er damit: Ist der ortsansässige Oberfranke 50 Meter von der Ampel entfernt und jene schaltet just von Grün auf Gelb um, dann gibt er in aller Regel ordentlich Gas bzw. macht einen auf Bleifußindianer, um da noch durchzurauschen. So etwa 2-3 Jahre nach meiner bestandenen Prüfung versuchte ich das plakativ Umschriebene, das geradezu unmündige (Fehl-)Verhalten, auch mal selbst in Angriff zu nehmen - mein Versuch, soviel vorweg, war damals von mindergroßem Erfolg begleitet. Narasimha, ein Peugeot 205 (93er-Baureihe), war leider ein wenig zu untermotorisiert für solcherlei tendenziöser Testszenarien, und die Folgen waren ergo vorausahnend: Querung der Kreuzung bei aalglattem Rot, zwei Pünktchen in Flensburg inklusive eines dreistelligen Bußgeldes (natürlich) - aber kein Fahrverbot [YAH!], obgleich der (einst) noch laufenden, verlängerten Probezeit (von 2 auf 4 Jahre) wegen überaus überhöhter Geschwindigkeitsüberschreitung (was auch eine Nachschulungsmaßnahme seinerzeit abverlangte und ein paar Penunzen) in gleicher (Periode). 

Wie auch immer, zurück zu den 10 (Lebens-)Punkten zwecks der "endgeilen" Aufkleber, die mich zu einem normalen Menschen machen - in der vielschichtigen Sicht des Sportwagen-Liebhabers im Freizeitlook zumindest. Wobei, das muss ich hervorheben, er und ich teilen wohl in dieser Sache eindeutig gleiche Anschauungen, so heute vor einer Woche, wohl auch bis zur Niederkunft des Herrn und darüber hinausragend. Ich gehe spekulativ sogar noch einen Schritt weiter und hege die Vermutung, dass wir mit dem politischen Sponsor** der Sticker gleichfalls wenig am Hut haben, dennoch den Schneid besitzen das (vermeintliche) Opfer hinzunehmen, vielleicht frei nach dem Motto: Wenn die Jugend spricht, soll man lauschen. Und sofern man es für gut befindet, dann darf man deren Meinung im öffentlichen Raum auch ungezügelt zur Schau stellen, gerade eben wegen der Quertreiber, die eine andere Auffassung vertreten. Soviel muss das Individuum Bürger eines angehaucht-demokratischen Landes an Toleranz aufbringen, auch wenn es mitunter kurzzeitig innerlich schmerzt. Kurz ist das Stichwort hier. Es genügt wenn Gegensprecher das Momentum der Zerrissenheit schlichtweg innerlich ertragen und nach Außen verstummen; denn (darüber) auslassen können sich ja ungeniert unter ihresgleichen (in privater Zusammenkehr), weil - das muss man wissen - einen Zorn auszureizen, ihn treiben zu lassen bis hin zur Brechreizschwelle, das ist ein überaus großes Gut, welches es zu erlernen gilt. Ich erwähne das derart ausgesprochen nebensächlich (und langatmig), weil es nur zu schade ist, dass die wenigsten Zeitgenossen nicht mal gewillt sind es auszuprobieren. Mir kann das aber einerlei sein, denn Jesus himself wird sich ihrer auch dann erbarmen, so denn sie stark im Glauben sind.

Mit den zahlreichen, hingekleckerten Texten über die vielen Jahre habe ich leider eines nicht gelernt: Schreibe alles so detailverspielt nieder, dass es keinerlei Bilder um das Geschreibsel herum mehr bedarf. Das Vergehen die Tugend der Erzählkunst zu unterlassen ist nicht meinem Unwillen geschuldet - ich bin nicht wirklich lernresistent -, ich habe es einfach nie ernsthaft aufgegriffen. Sicherlich kann ich es, ohne es je gelernt zu haben (umsetzen), dennoch halte ich es für zutiefst unnötig. Und genau deswegen ende ich an dieser Stelle mit der Geschichte, die nie eine war. Eine Fotomontage der Heckansicht, mit Hervorhebungen an den Seiten, meines jazzigen Fahrzeuges, soll den Gehalt der 10 Punkte, die einen normalen Menschen ausmachen, ausfüllen und alles sagen, was ich nicht schrieb. 

Als Zubrot empfehle ich die eingangs en passant erwähnte musikalische Darbietung, die ich geflissentlich zum Mitsingen mit Text untermalte und kürzlich auf YouTube, unverschämt blauäugig, einstellte. Mein Kanal hat erst einen Strike aufgrund pornografischem Bildmaterials erhalten;*** ich gönne mir das daher ohne Zwinkersmiley als bekennender und erleuchteter Liebhaber der ehemaligen Formation - sie werden mich dafür schon nicht verklagen. Klickt also exzessiv, ehe die Inhalte jäh verschwinden...   
Wenn schon Musik mit Text, dann sollte der absolut sitzen. Bei besagtem Lied ("emily and I") kam mir der Refrain - by the way - viele Jahre anders zu Ohren. Ohne Booklet-Begleitung hörte ich diese Verfremdung heraus, die mal überhaupt keinen Sinn ergab: "Emily and I surrender through a world of dozen tenders...". Aber, bei aller Liebe, wer sagt, dass funkige Songtexte (stets) sinnbehaftet sein müssen?

Nachtrag: Verderbliche Irrlehren machten mich ergo zu einem Normalo, dessen kerniges Wesen ich über Jahre hinweg vehement von mir gewiesen hatte. Will ich das nicht sein - ein normal-gestrickter Mensch -, muss ich mich wohl oder übel in unbedarfte Gedankenwelten verlieren, die mich zu einen skandalösen Narren machen würden, der von sich stolz behaupten darf: Ich bin klug. 

Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden
(NT, Römer 1,22 - unrevidierte Elberfelder Übersetzung 1905)

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* Diese Aussage ist nicht ganz zutreffend. Offiziell - und mit voller Absicht - gibt es in diesem Bereich keine Beschilderung, welche auf die B4 hinweist; dies geschah unter der Prämisse den Fernverkehr auf die Autobahn umzuleiten, um dadurch Entlastung zu schaffen. Die B4 wurde daher als St2244 deklariert.
** Herausgeber der kostenfreien Aufkleber ist der Kreisverband München-Nord der Jungen Union.
*** Es handelt sich dabei um ein Video 
[Titel: "TBT2 Money can't buy you love"], welches ich Ende 2014 (!) einstellte, damals ohne Altersbegrenzung (ob es diese Option seinerzeit schon gab?). Ende August 2021 (!) jedenfalls - 6 Jahre und (fast auf den Tag genau) 8 Monate später! -, wurde ich dann dafür gerügt (!!!). Da verstehe noch einer die Welt des Digitalen...

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