•••Ⓠ•••

•••Ⓚontakt

Gastbeitrag: Save Terra Titanic

Lesezeit: | Wörter:

Social Media (Pt. 21)
Es ist mal wieder Zeit für so einen Blogpost! Mit der Schneckenpost erreichte mich aus dem Aipotu-Gartenreich Anfang der Woche ein zweiseitiger Brief, mit dem Vermerk ihn als Gastbeitrag hier einzustellen, nebst des Bildes am Ende. Ich bedanke mich dafür vielmals beim Autor, der mir über die Jahre ein Herzensfreund wurde, vor allem wohl auch deswegen, weil wir teils sehr voneinander abweichende Sichtweisen haben. Schon alleine aus diesem Grund kann mein kurzes Prädikat nur lauten: Lesenswert, im Sinne des Adjektivs! 😉 

.|||||||.

Save Terra Titanic, oder: Eltern haften für ihre Geisteskinder!

Von Frank-Reg. Wolff

Bevor ich "zur Sache" komme, hier einleitend etwas zu meiner Person. Ich bin ein Jahr älter als Michel Houellebecq, der für mich eine Art nihilistischer Henry Miller ist und gleichermaßen (Jugend-)gefährdende Schriften verfasst wie weiland good old Henry – vor beiden (bzw. auch vor mir selbst) sei hiermit vorab "gewarnt". Eltern haften bekanntlich für ihre Geisteskinder - so die Theorie, nur ist der Geist einmal aus der vielzitierten Flasche entwichen und irgendwie in die Welt ins (freie?) Internet gelangt, gehen wir dieser Geisteskinder meist verlustig -, auch wenn das nicht jeder so sehen mag, wie ich.
Ich habe mich deshalb seit fast einem Jahr aus dem überbewerteten World Wide Web ins real existierende Aipotu-Gartenreich, welches verborgen im Harz liegt, zurückgezogen und lebe als Off-Liner sehr glücklich analog und nur noch in Echtzeit – d. h. absolut gefühlsecht! Dabei unterstützen mich meine (nur halb so alte) Gefährtin Yasanna und unser gemeinsamer Sohn Aramis, der gerade dabei ist den aufrechten Gang zu lernen – und was es mit seinem einmaligen Leben und dessen Sinn so auf sich hat... 
Deshalb leben wir in unserer kleinen Aipotu-Gartenwelt sehr zurückgezogen und harmonisch, und nur handverlesene Menschen finden hier bei uns Zutritt. Mein Mobiltelefon (übrigens uralt) schalte ich nur alle ein bis zwei Tage kurz ein, um meinen Anrufbeantworter abzuhören. Ich leiste mir den Luxus schwer erreichbar zu sein und trage meine Haut schon lange nicht mehr zum globalen Jahrmarkt der Eitelkeit. Auch ohne über große materielle Reichtümer zu verfügen ist mir und meinen Freunden dies gut gelungen, und es geht mir/uns hauptsächlich um geistigen bzw. menschlichen (Gefühls)Reichtum, frei nach dem Motto: Je weniger wir brauchen, desto reicher werden wir! Heute nehme ich mir ausnahmsweise die Freiheit des DU auf Verdacht – ohne Dir dadurch natürlich zu nahe treten zu wollen! Wer hier diesen Text liest, hat bereits ein langes und unsichtbares Selektionsverfahren positiv durchlaufen, um eines solchen Vertrauensvorschusses meinerseits würdig zu sein.
Wir leben gemeinsam in Zeiten globaler Absurdität und keiner von uns hat sich die Rahmenbedingungen seines Seins tatsächlich aussuchen können. Wir alle sind Geworfene, um es einmal im Sinne Heideggers zu formulieren, und ich persönlich befürchte: Wir sind vielleicht alle irgendwann Verworfene, wenn kein Wunder geschieht. Letztlich werden wir selbst für diese Wunder sorgen müssen...

Anthropozän - das voraussichtlich kürzeste Erdzeitalter?

Frage: Was ist die Steigerungsform von tot? – Antwort: ausgestorben! Laut dem Journalisten Franz Alt sterben tagtäglich mehr als 100 Tier- und Pflanzenarten aus. Was in einer unvorstellbar langen Evolutionskette über Jahrmillionen seinen Platz im Gesamtkonzert planetaren Seins hatte und dort seine sinnvolle Rolle spielte, verschwindet von heute auf morgen. Unvorstellbar und doch wahr!
Ich persönlich wünsche mir zwecks gesteigerter Trauerarbeit ein neues Wikipedia der verschwundenen Arten. Es geht nicht alleine um die intellektuelle Verarbeitung dieser an sich unglaublichen Fakten, die nicht einmal in die täglichen TV- und Radionachrichten Eingang finden, würden sie doch den Normalsterblichen schlicht einfach überfordern. Eine Erkenntnis des russischen Schriftstellers Anton Tschechow lautet: "Der Mensch wird sich dann bessern, wenn Sie ihm zeigen, wie er wirklich ist." Dieser viel zitierte Homo sapiens hat es in den hedonistischen Industrieländern und der dort perfektionierten Naturbeherrschung und rücksichtslosen Naturausbeutung vermeintlich weit gebracht. Der technisch hoch stehende und denaturierte moderne Mensch erfreut sich tatsächlich eines unsittlichen Lebensstandards, gemessen an seinem Ressourcenverbrauch und verglichen mit dem seiner Mitbrüder und -schwestern in den "unterentwickelten" Ländern. Dieser Menschentypus, angeführt vom "göttergleichen" US-Amerikaner, steht in keinerlei Stammestradition und erhebt sich gefühlsmäßig über Gäa, die einstmals als unsere "Mutter Natur" verehrt und geliebt wurde. Die damit verbundene Liebe zu jedweder Kreatur blieb irgendwann im Wege der Aufklärung auf der Strecke und nur wenige Gleichgesinnte sind noch dazu fähig. Bei der Mehrzahl unserer denaturierten Artgenossen in den übersättigten Wohlstandsländern, die mit ihren omnipräsenten Smartphones und SUVs Gäa verunstalten, habe ich als vegetarischer Fahrradfahrer nichts wirklich gemein. Mittlerweile gibt es noch eine Steigerungsform jenes Homo sapiens, d. h. Menschen, die den Wunsch haben zum Cyborg zu werden.
Momentan befindet sich der dominante Teil der entwickelten Menschheit in der vierten industriellen Revolution, der Digitalisierung und KI-Entwicklung, was zu einer maßlosen Selbstüberschätzung führt. Ein fataler Holzweg, dessen bin ich mir sicher, der unaufhaltsam in eine grauenhafte Klimakatastrophe führen dürfte, vor der trotz Corona-Pandemie weiterhin die Mehrzahl der Menschen die Augen verschließt. Indes wird das Heer der betroffenen Klima-, Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlinge tagtäglich größer, die unter Lebensgefahr weite Reisen zu ihren reichen Verwandten in der nördlichen Hemisphäre auf sich nehmen und auf humanitären Einlass bei uns hoffen. Aber auch Humanität darf natürlich nicht zu viel kosten und ich muss mich vorsehen hier nicht zynisch zu klingen, auch wenn es die Realpolitik der EU, der USA, Australien usw. de facto ist. Dass die EU jetzt aufgrund der Corona-Pandemie ein gigantisches Konjunkturpaket von 1,8 Billionen Euro auf Kredit geschnürt hat (wozu die EU aufgrund der Verträge von Lissabon an sich de jure nicht berechtigt ist) zeigt mir: für das Wohlergehen der Wirtschaft ist man bereit alles zu tun, und ich frage mich, was wäre mit einer solchen Superlativsumme von 1.800 Milliarden Euro, die die EZB aus dem Nichts schöpft, unter anderen im Kampf gegen die kommende Klimakatastrophe alles möglich gewesen?! Aber es fehlt trotz Fridays for Future weiterhin am echten politischen Willen.

Ursache für all diese globalen Probleme ist letztlich der Mensch und sein kurzsichtiger Egoismus, der durch die neuen technischen Möglichkeiten ins unersättliche angewachsen ist. Die Börsen der Welt sind nichts weiter als Spielkasinos skrupelloser Zeitgenossen geworden, die allein dem Prinzip maßlosen ihrer Gier gehorchen. Der kürzlich verstorbene ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm schrieb in seinem Buch "Ehrliche Arbeit: Ein Angriff auf den Finanzkapitalismus und seine Raffgier" auf Seite 29 u. a. dies:
"Tatsache ist, dass die reale Wirtschaft gegenüber dem Finanzkapitalismus zur Restgröße schrumpft. Die Welt der Arbeit und die Welt des Geldes trennen sich voneinander. Aus der Zweiklassengesellschaft wurde die Zweiweltenwirtschaft. Arbeit und Geld haben nur wenig miteinander zu tun. Die amerikanische Notenbank wies zur Jahresmitte 2008 58,8 Billionen Dollar an öffentlichen und privaten Krediten aus. Dem stand eine Wirtschaftsleistung von nur 14,2 Billionen Dollar gegenüber. Die USA erreichen so eine nie da gewesene Schuldenquote von 370 Prozent. Folge: Es ist mehr Geld in der Welt unterwegs, als sich überhaupt Anlagemöglichkeiten dafür finden lassen. Und nur ein Bruchteil des Geldes wird noch für Konsum oder Investitionen ausgegeben. Weltweit betrug der Anteil der Realwirtschaft am gesamten Geldverkehr 2008 gerade einmal 0,4 Prozent. Umgekehrt bedeutet dies: 99,6 Prozent aller getätigten Investments haben nichts mehr mit der realen Wirtschaft zu tun. Etwas anschaulicher formuliert: Von jedem Dollar, Euro oder Yen, der irgendwo auf der Welt zu Buche steht, wird heute nicht einmal mehr ein halber Cent für Brot, Bücher, Kleidung und Autos, für Löhne und Gehälter, für Maschinen und Rohstoffe, für Champagner und Villen im Tessin oder für Flugzeugträger ausgegeben."[*]

Gigantische Summen aus dem EU-Zylinder gezaubert...

Im Prinzip gibt es viel zu viel Geld auf Terra Titanic, wovon das meiste virtueller Natur ist und sich darüber hinaus leider zumeist in den falschen Händen befindet. Die Europäische Zentralbank (EZB) verfährt mittlerweile wie die US-amerikanische Notenbank (FED) bei ihrer Geldschöpfung aus dem MAGISCHEN Zylinder oder aus "dünner Luft", wie es der US-amerikanische Senator Ron Paul einmal formuliert hat – und der gigantische Corona-Aufbau-Fond der EU ist dafür ein wahrlich negatives Bilderbuchbeispiel! Würde der richtige Geist hinter solch gigantischen Summen stehen, die noch dazu von zukünftigen Generationen zurückgezahlt werden sollen, so könnten tatsächlich wahre Wunder vollbracht werden. Denkbar wäre zum Beispiel ein globaler Marshall-Plan für einen globalen Clean-Up der Erde, einen dementsprechenden Umbau der Grundversorgung an Nahrungsmitteln für die, die selbst nicht dafür sorgen können. Dies ist keine wirkliche Utopie und Geld, Know-how und Ressourcen gäbe es dafür mehr als genug! Auch die Notwendigkeit, besonders angesichts der aufziehenden Klimakatastrophe, ist evident und mir sei die Frage erlaubt: Muss erst ein neuer Messias in den globalen TV-Kanälen auftauchen, um diese Botschaft der Rettung überzeugend zu verkünden?! Werden erst dann Taten folgen oder gibt es sonst eine realistische Möglichkeit die schlafende Menschheit zu wecken?! Wir, liebe Brüder und Schwestern, sind de facto das Problem von Gäa! Werden wir zukünftig ein Teil der Lösung sein oder wird sich Mutter Natur irgendwann ohne Bedauern von diesem Problem Mensch mittels eines Super-Virus zu erlösen wissen? Der Superorganismus Gäa wird in jeden Fall überleben, mit oder ohne uns, und es liegt an uns Menschen dem neuen Geist einer zukünftig besseren Menschheit, die ihren Frieden mit Gäa geschlossen hat, zum Durchbruch zu verhelfen! Hierfür schlug ich bereits an anderer Stelle der Oya-Redaktion die Gründung eines diesbezüglichen alternativen Thinktanks vor. Übrigens wird zum Jahresende 2020 eine globale Hungerkatastrophe vor der Tür unseres Raumschiffs Terra Titanic stehen, von der ca. 1 Milliarde (Mit-)Menschen betroffen sein werden. Werden wir es schaffen die Drei-Klassen-Gesellschaft auf Terra Titanic dahingehend zu überwinden um Food For All zu haben...?!
.|||||||.

Kontakt: Frank-Reg. Wolff, Postfach 1108, 06471 Quedlinburg - Germony United


Anmerkungen und Hinweis:
Weitere Texte vom Autor findet man hier: https://sinnbuch.blogspot.com/.
Internetlos empfehle ich bei Interesse sein Erstlingswerk über mich zu ordern: info@nachadla.de.
[*] Blüm, Norbert. Ehrliche Arbeit. Gütersloher Verlagshaus 2011. ISBN (Softcover) 978-3-4421-5736-6.
Disclaimer: Nicht alle Passagen entsprechen meinem Weltbild und wurden dementsprechend von mir bei der Eingabe und der Nachlese nicht geprüft. Vom Gesamtinhalt kann ich mich daher nur distanzieren und verweise für Rückfragen auf die oben aufgeführte Postfachadresse.

Kommentare