Die Zeitungen rufen
Quatschikopf.in (Part 2)
Winter auf dem Land. Ein kalter obendrein. Es muss Ende Januar gewesen sein, als sich diese Geschichte ereignete.
Noch vor einem Jahr wäre mir so etwas nicht passiert. Da war meine und der Hunde Behausung nicht nur extravagant, sondern auch mit einer Zentralheizung bestückt, die in jedem Raum zu jeder Tageszeit ganz unkompliziert durch Regelung am Schalter eine angenehme Zimmertemperatur hervorbrachte, was sie wohl auch noch heute zu Stande bringt.
Im Gegensatz zu den warmen Monaten waren mir die kalten seinerzeit innerhalb der Steinmauer angenehmer, da Maisonettenwohnungen gerade in der Galerie im Hochsommer ordentlich aufheizen. Wenn man nicht gerade eine Klimaanlage hat, dafür aber einen Quatschikopf, der beim ersten Geräusch hervorgerufen von einem Stehventilators angsterfüllt aus dem Zimmer türmt, man aber seine Anwesenheit im selbigen über alles schätzt, dann hat man keine Wahl, dafür aber dann ich Qual mit der stehenden Hitze im Raum. Denn türmt ein Quatschikopf, ist er mit nichts noch so lecker Duftenden wieder anzulocken. Sie verkroch sich dann ins letzte Eck eines Zimmers, dass damals ungünstigerweise auch noch in Hundeohrenhörreichweite des Treppenhauses lag. Das ist insofern erwähnenswert, weil besagter Hund sich die Rolle des Wächterns auferlegt hat. Und ob in entspannter oder ängstlicher Gemütsstimmung, dieses Ehrenamt galt es stets auszuführen. Ein kleiner Stecknadelkopf aus geringer Höhe auf den Steinboden und das Gebelle wäre groß oder vielmehr würde es werden. Denn den Anfang nimmt stets ein relativ leises, ja verhaltenes Wuffen, dass sich mit der Zeit dann in etwas steigert, dass man anhaltend und sogleich als stetig steigend in der Lautstärke sowie der Bedrohlichkeit, die dahinter verborgen zu sein scheint, betiteln könnte.
In welcher Geisteshaltung auch immer, ein Quatschikopf war in diesem Zimmer ganz alleine für sich nicht gut aufgehoben zumal es auch kein schönes Bild ergab. So wie sie an der Wand kauerte erweckte es den Eindruck, als ob sie sich wünschen würde sie könnte die Struktur der Mauer verschieben oder mit beziehungsweise in ihr aufgehen. Allerdings mit den Rücken zuerst, denn der Kopf mit dem herzergreifend ausdruckslosen Blick musste selbst in so einer Situation den inneren Druck standhalten. Schließlich galt es ja ganz ohne Bezahlung die Eingangstüre zu bewachen. Arbeit ist Arbeit, und der Berufung soll man folgen, ganz gleich was einem gerade persönlich so quält, dass das Seelenheil in unerreichbare Ferne für einem selbst und andere trieb.
Das Ungetüm des Luftaufwirblers wurde folglich nur eingeschalten, wenn sich Mensch selbst im unteren Stockwerk der Wohnung samt Hund befand. Ein erträglicher Zustand für den Fellträger und ein Umstand den der Zweibeiner verschmerzen konnte, war im doch das eigene Wohl weniger wert als das seiner Mitbewohnern.
Und erstaunlicherweise herrschte im ॐ (Om) der Lebensgemeinschaft auch Ruhe, egal was hinter der Wohnungstür vor sich ging. Eine sonderliche Erscheinung, die ich für mich nur so verinnerlichen konnte, dass sich Frau Quatschikopf nur dann zu ihren ehreamtlichen Verpflichtungen bereit erklärte, wenn ich offenkundlich nicht an Ort und Stelle war. Befremdlich insoweit, wenn ich darüber nachdenke, dass es sich genau andersherum verhält, wenn ich mit ihrer - im Verhältnis zu ihr, dem Quatschikopf - extrem ruhigen Schlafraumteilerin in Altenheime oder Schulen zum Besuchshundedienst antrat. Dieses Ehrenamt gab es nur mit mir anzugehen, nicht ohne mich.
Heute kann Quatschikopf ohne Probleme im Erdgeschoss die Zeit verbringen, ob am Tag oder am Abend. Ist man alleine in einem Haus stört es niemanden, wenn Hund zu Bellhöchstleistungen in Ton und Dezibelsteigerungen uneingegrenzter Art aufläuft. Frei nach der armseligen Einstellungen, dass bei tatsächlicher Gefahr man es schon mitbekommen wird.
Und genauer ein solcher Umstand wurde in der im Nachfolgenden beschriebenen nächtliche Zeit erreicht.
- - -
Es war wie erwähnt Winter, und es war kalt. Nicht jeder Raum war beheizt, genauer gesagt in dieser Nacht nur einer, mein Schlafgemach. Dort tat ich was man eben so tut, wenn die Uhr auf 3 steht und den Traum lebt mit geschlossenen Augen, ganz weit weg von der erfahrenen Realität, die man am Vortage auf ein neues mal wieder als das non plus ultra erkennen durfte. Mit dem Gerechten teilte sich dieses Doppelzimmer, die werte Adelhaid, der oben beschriebene ruhige Besuchshund (im Vergleich). Ob sie die Gemeinschaft mit mir suchte oder die Wärme, dass kann ich mir einfach beantworten, weil sie eben immer dort sein will, wo ich auch bin. Sie bevorzugt die Gesellschaft mit mir, die im Gegensatz zu ihr Quatschikopf nicht immer teilen kann. Denn schließlich hat sie ja ein Ehrenamt zu begehen, was sie stets dann beendet, wenn sie es für richtig hält. Und auch wenn das soeben Geschriebene den Eindruck erweckt, sie würde es Tag ein Tag aus so gestalten, ist dem eben nicht so. Sie hält es für richtig selbst zu entscheiden, wann es gilt auf Haus und Hof aufzupassen und wann sie in den Genuss der Geselligkeit übergeht.
Man könnte mir schlechtes Gewissen einreden, aber ich bin der festen Überzeugung, dass sie weiß, was sie tut. Ein bisschen Vertrauen gehört dazu, und sie hat meines zumindest uneingeschränkt im häuslichen Bereich. Bei kalten Tagen biete ich ihr zwar immer mal wieder aufs Neue den Gang nach oben an, erwische mich aber dabei, dass ich ihr entgegenkomme und sie fürsorglich - aus Menschengesichtspunkten tierrechtlich notwendig - mit einer Decke die äußeren Umstände erwärme, ja so gesehen erträglicher gestalte. Ungeachtet dessen weiß ich sowieso, dass sie auch ohne Anklopfen ins Zimmer kommen wird, wenn ihr etwas nicht behagen würde. Das eigenständige Öffnen der Türen gehört da ebenso dazu, ein Repertoire des Quatschikopfs.
Ich habe einen gesunden Schlaf und höre nicht jede Feder, die auf den Boden aufschlägt, aus welcher Höhe auch immer.
Doch wenn eine Hundeschnauze mir mein Gesicht ableckt und mit ihren Vorderpfoten auf Körperteilen von mir steht, dann werde selbst ich aus den noch so schönsten Träumen gerissen. Und in solchen Momenten bin ich auch ganz schnell im Hier und Jetzt, obgleich ich Vorkommnisse wie diese oder ähnliche bislang nur äußerst selten erleben musste.
Folglich war ich dann zwar in der materiellen Welt, aber zu meiner Schande nur körperlich, mein Geist war noch etwas getrunken von dem Erlebten in der anderen.
Und dann bin ich pragmatisch. Wenn Quatschikopf so herzlich mir ihr Darsein ankündigt und sich nicht, wie gewohnt, in ihr Körbchen schleicht, dann kann es nur eine logische Schlussfolgerung geben: Der Hund hat ein Bedürfnis zu stillen, dass er mit mir im Freien verdingen will. Und zwar nicht gleich, sondern unverzüglich.
So umnebelt konnte ich mich selbst beobachten wie zuerst das linke, dann das rechte Bein in meine Hose schlüpfte, die Füße besohlt wurden, ein Pullover über den Kopf auf den Körper wanderte und ein Mensch in dieser Aufmachung treppensteigend ins Parterre schlurfte.
Nun ja, so ganz war es nicht, denn mit einem Auge hatte ich den Quatschikopf noch im Blick. Und diese machte wirkliche Anstalten, die wie eine Kinderwippe von vorne nach hinten gingen, also im Sinne, dass sie von einer auf die andere Pfote tippte. Der Ausdruck in ihrem Gesicht war dabei nicht der Entspannteste, der restliche Körper nicht der ruhigste. Ich dachte mir nur, wenn noch jemand behaupten solle, dass des Hundes Gesamtstruktur nicht mit dem Schwanze wedelt, dann würde ich einer solchen Person beim nächsten Geschehnis dieser Art mal eine Videoaufnahme zukommen lassen, die seine anmaßende Verallgemeinerung im Keim ersticken würde. So zumindest sah es für mich aus, Hier wedelte kein Schwanz, hier bewegte sich ein Schwanz mit dem Rumpf eines Vierbeiners, so als ob dieser gerade eben das ist, was er ist. Eine Ausdehnung der Wirbelsäule, die offensichtlich im Erregungszustand äußerst flexibel war.
Auch ohne Geist im Körper war mir eines klar: es pressierte ihr. Dem Leser sei zur Verständnis der Grundriss des Hauses ein wenig mitgegeben. Nach der letzten Treppenstufe hat man 3 Möglichkeiten. Eine führt einem direkt in einen kleinen Flur, der das Tor zur Natur bietet. Hierzu muss man einfach nur gerade aus gehen, vorher eventuell noch eine Innentüre öffnen. Links kommt man in das Wohnzimmer, dem eine Küche angeschlossen ist, die sich weiter hinten befindet und für unsere Geschichte völlig unerwähnenswert ist. Rechts geht es um eine Kurve sozusagen in einen größeren Flur, der einem am Ende zu zwei Türen führt. Die linke davon ist interessanter, die andere überschreitet man zu so später Stunde nur, um die menschliche Notdurft zu stillen. Links ist also das von mir so genannte Hundezimmer, wo alles für eine Erstausstattung für Neuhundehalter zu finden ist, auch wenn sie sich gleich einen ganzen Wurf vom Züchter ihrer Wahl holen. Und genau dort wacht Quatschikopf auch in einem Sitzsack.
Folglich war das mein Anlaufpunkt, um sie und die werte Adelhaid vor dem Gang nach Draußen zu halsen sowie zu leinen. Und auch für mich gab es dort eine Jacke, eine Mütze und Schuhe für Hände und Füße, die bei den herrschenden Unverhältnissen außerhalb der Steinmauern nicht nur vorteilhaft waren. Sie waren überlebensnotwendig für jemanden, der einem Kälteschock vermeiden wollte.
Mit dem letzten Schritt von der Treppe oder dem Erreichen des Erdgeschosses kam etwas bei mir in Gange, dass vorher wie ein stiller Begleiter meiner folgte, jedoch nun wie ein brausender Sturm wirkte, der mich gänzlich umschloss. Dabei war es nicht einmal die Vor- oder Haustüre, die da offen stand.
Es war eine andere zu meiner linken. Ich dachte jetzt erstmals nach und erkannte, dass der Sturm ich selbst war. Mein Gehirn meldete sich zum Dienst und zeigte mir ein Bild, dass mir fremd erschien. Die Türe zur geheiligte hundefreien Wohnzimmerlandschaft war angelweit geöffnet. Ein vopa, dass mir niemals nicht passieren würde, da die Küche ein gesicherter Ort für Hunde mit deren Fell und vor allem Neigung zu Diebstahl von so genannten Lebensmitteln in jedem Fall zu verschließen es galt. Kurz überlegte ich, ob Madame vielleicht Hunger hatte, lies den Gedanken aber schnell wieder fallen.
Es half nichts, ich musste dort eintreten, was mir auch ganz klar das Tier mit all seiner gestikulierenden Wesensart vermittelte.
Gut das die Wohnstube über zweierlei Zimmerbelichtungen verfügt. Dumm nur für mich, dass ich das Ausmaß der Dinge - die ein Hund in so einer und in seiner ungünstigen Stimmung zudem noch ganz auf sich alleine gestellt ausrichten kann - nicht langsam durch den Dimmschalter der eine Lampe begutachten wollte. Ich muss mir allerdings zugestehen, dass ich in diesem Moment gar nicht im Bewusstsein war, ob der obere oder der untere Schalter für eine grelle Beleuchtung zuständig war. Mir war es nur recht einen der beiden punktgenau mit der Hand zu treffen.
Im nächsten Augenblick hätte ich mir gewünscht von diesem Gedanken Abstand genommen zu haben. Ein Wort, das den aufgenommen Seinszustand der Räumlichkeiten am besten beschreibt kam mir nicht in den Sinn. Dafür gleich ein ganzer Fragesatz aus drei Worten, der aus mir heraussprudelte, als ob ihn ein andere ausgesprochen hätte: "Wer hat gewonnen?"
Diese Anspielung war auf einen Kriegsschauplatz gerichtet, an dem ich unweigerlich denken musste. Am liebsten hätte ich ja das Licht wieder erloschen, die Türe verschlossen und gleichsam beschlossen mich erst zu gerechter Uhrzeit um die Wiederherstellung des Normalzustandes zu kümmern.
Doch da war ja noch die Quatschikopfdame, die beha(a)rrlich darauf pochte, dass hier nicht das Ende der Fahnenstange für mich ereicht war. Damit hatte sie wohl überaus recht. Warum sollte sie mich auch zu einem Platz des Chaos führen, wenn der Gegner offensichtlich noch nicht die weiße Fahne der Ergebens gehisst hatte?
Egal wie lange der Kampf andauerte, die Erkenntnis, dass sie ihn nicht alleine gewinnen konnte, kann man ihr hoch anrechnen. Dass sie dann auch noch in mir den Heilsbringer sah steht auf einem anderen Blatt, das in einem Buch steckt, welches in einem Regal von vielen solcher Schreibwerken steht, das Buchgelenk den Betrachter zeigend und gut möglich unter querstehender Aufschrift "Das Buch über den Heilsbringer" zu finden ist. Schlecht möglich aber auch unter einem ganz anderen Titel geschweigedenn einer Erwähnung als Unterüberschrift und natürlich dann auch ohne Beschreibung auf dem Buchrücken. Keine Klappentextanbahnung und im dümmsten Fall auch nur auf Seite ff in einer Fußnote beiläufig in einem Buch ohne Stichwortverzeichnis oder Literturhinweise erwähnt.
Anders gesagt: es bleibt ein Mysterium, das es nicht zu spekulieren gilt.
Und als meine Augen noch so durch den Raum schwenkten und sich gerne an das Bild an der Wand zwischen den zwei Lichter behaftet hätte, ja in diesen aufzugehen, in diesem einzutauchen, und das getrübte Gehirn durch das Sehende einzuschalten, wurde ich von letzterem schwer enttäuscht. Geschärft mit Verstand dachte es nur an Maler der Nass-in-Nass-Technik, wie einem Bob Ross der keinesfalls der Pinselführer des dortigen Gemäldes war. Trotzdem war es schön, und wenn mir mal das Öl ausgehen sollte, dann hätte ich hier Brennstoff für warme Stunden an kalten Tagen wie diesem. Es war ferner gut möglich, dass jetzt auf der Mattscheibe eine Episode von "The Joy of Painting" lief. Dumm, dass ich dem Fernsehvergnügen in seiner hallozinierenden Art seit Jahren nicht mehr fröhnte. Und doch, ein solches Empfangsgerät hatte ich noch, gut verpackt zwar im Ursprungskarton, schon flach und ohne Röhre. Es erfüllte keinen Sinn mehr, könnte es aber ihn diesem Falle, wenn es mich dem Wunsch ergeben würde, mich dem hinzureißen, dem nachzugehen. Dann aber nur in Form einer 8stündigen VHS-Videokassette in Long Play aufgenommen, deren Inhalt rein Episoden des erwähnten und im letzten Jahrtausend gefilmten Malkurs aufzeigen würde. Das ein (An-)Schauer die Spieldauer von Anfang bis zum Ende in einem Stück wach überstehen wird wage ich stark zu bezweifeln, weder heute noch gestern. Den der Stil der Kunst des Erschaffens paart sich hier mit einer ausgeprägte Wortlandschaft des Erschaffers, die dem Zuseher eine äußerst beruhigende Stimme ins Ohr mitgibt. Spätestens beim 10ten "Hi, welcome back! I’m certainly glad you could join us today!“oder den gern in Erinnerung endenden "From all of us here: We wish you happy painting and God bless, my friend!“ entschlummert der taffeste aller Anhänger in die Süße der Traumwelt.
Lächerliche Hirngespinste, die ich mir selbst eintrieb, um mich keinesfalls weiter dem auszusetzen, was mir dort bot. Wenn mir schon die Ausreise aus dem Land der unblutigen Schlacht durch einen Quatschkopf verwehrt wurde, dann - so dachte ich mir - sei es mir erlaubt den Geist hinfortzutreiben, der anwesende Körper kann ja gerne noch ein wenig an Ort und Stelle verharren.
Ein Stups mit der Schnauze an mein Bein, ein verhaltenes Bellen und im letzten Ausmaß ein auf vier Beinen herumtapsendes Etwas holten mich eher langsam als schnell wieder zurück in meinen eigenen Leib. Nicht nur die Gelenke meiner Gliedmaßen meldeten sich, auch die Augen waren wieder näher am Boden. Eine traurige Sache, die nicht nur was gemeines an sich hatte. Denn, und sehr komisch, dass es vorher unbemerkt für mich blieb, mein Gehör funktionierte nun auch wieder in meiner Wahrnehmung. Wahrscheinlich tat es das schon die ganze Zeit, doch ich war zu sehr befangen, dass ich davon Gebrauch nehmen wollte.
Es blieb mir aber nichts erspart, spätestens als es für mich galt die Heilsbringerrolle zu übernehmen, für die ich extra zu so grauenhafter Nachtstunde von Quatschkopf ausgerufen wurde.
Wer Türen öffnen kann, kann folglich auch auf zwei Beinen leicht ein Gleichgewicht finden sofern er eine Haltepunkt für seine vorderen Läufe findet.
Den fand sie auch, und zwar auf einer Anrichte auf einen massiven Holzschrank. Dass sie diesen dort schon öfters während des Kampfs gesucht hatte zeigte sich mir in den vielen am Boden liegenden Gegenstände, die es dafür galt herunter zu stupsen. Sie brauchte Platz, um den Sieg zu erreichen. Der Gegner war nicht am Boden, er war höher und fast unerreichbar. Gut versteckt in einem Zwischenraum der Schrankwand. Und auch dorthin war sie mit ihren Pfoten schon vorgestoßen, um die vorderen Reihen der zu bekämpfenden Armee den Gesetzen der Schwerkraft auszusetzen. Bei genauerer Betrachtung der eliminierten Feinde durch Quatschkopf fragte ich mich allen Ernstes, ob sie mich nun tatsächlich für die Arbeit als Heilsbringer auserwählt hatte. Sollte ich die Ehre haben den alles entscheidenden letzten Schwerthieb mitten ins Herz des Aggressor zu treiben? Oder war ich hier nur für die Räumungsarbeiten des Schlachtfeldes zuständig?
Da stand er also in seiner unglaublichen hartnäckigen Art, in allen Belangen noch unverschont und gut geschützt durch sein Heer, welches dafür mit dem Leben bezahlen musste.
Der Feind, der trotzte, obgleich der Endsieg unmittelbar bevorstand. Er lamentierte genüsslich seine offene Meinung vor sich hin. Ohne Punkt und Komma und mit gleichlautenden Klang.
Jetzt verstand auch ich die Freiheitkämpferin, die sich mutig diesem Etwas entgegenstellte. Jeder Mensch hätte gleiches an ihrer Stelle getan. Wahrscheinlich etwas friedlicher und ohne großen Trümmerhaufen, aber im Umstand auf genau das hinaus, was sie in der geschützten Position des in schwarz umrahmten Lärmmachers versuchte zu befrieden.
Ferner war mir nun auch klar, dass sein Widerstand ein langer gewesen sein musste. Und gleichsam auch einer mit Pausen von mehreren Minuten, wo sich Quatschikopf schon als Sieger fühlen musste. Doch immer wieder täuschte der Geselle, der nun vor mir stand, dies nur an. Er spielte mit den Gefühlen seines Gegners. Und das in wiederholter Art und Weise, so dass es vielleicht doch möglich war, dass ich hier dem ganzen nun den Topf aufsetzen musste. Wer würde nicht verrückt werden, wenn man glaubt, der Feind wäre besiegt, der aber das lediglich vorspielt und man keinesfalls die Absicht hat ihn grausam zu zerstören. Ein Rädelsführer bringt dem Sieger mehr, wenn er am Leben bleibt. Vor allem wenn man weiß, dass er im Grunde ein guter seiner Zunft ist, der noch viele Jahre seine Dienste zu erfüllen hat ehe er altersbedingt in die ewigen und heiligen Jagdgründe abzieht.
- - Fortsetzung vom 27.10.2013 - - -
Gut das die Wohnstube über zweierlei Zimmerbelichtungen verfügt. Dumm nur für mich, dass ich das Ausmaß der Dinge - die ein Hund in so einer und in seiner ungünstigen Stimmung zudem noch ganz auf sich alleine gestellt ausrichten kann - nicht langsam durch den Dimmschalter der eine Lampe begutachten wollte. Ich muss mir allerdings zugestehen, dass ich in diesem Moment gar nicht im Bewusstsein war, ob der obere oder der untere Schalter für eine grelle Beleuchtung zuständig war. Mir war es nur recht einen der beiden punktgenau mit der Hand zu treffen.
Im nächsten Augenblick hätte ich mir gewünscht von diesem Gedanken Abstand genommen zu haben. Ein Wort, das den aufgenommen Seinszustand der Räumlichkeiten am besten beschreibt kam mir nicht in den Sinn. Dafür gleich ein ganzer Fragesatz aus drei Worten, der aus mir heraussprudelte, als ob ihn ein andere ausgesprochen hätte: "Wer hat gewonnen?"
Diese Anspielung war auf einen Kriegsschauplatz gerichtet, an dem ich unweigerlich denken musste. Am liebsten hätte ich ja das Licht wieder erloschen, die Türe verschlossen und gleichsam beschlossen mich erst zu gerechter Uhrzeit um die Wiederherstellung des Normalzustandes zu kümmern.
Doch da war ja noch die Quatschikopfdame, die beha(a)rrlich darauf pochte, dass hier nicht das Ende der Fahnenstange für mich ereicht war. Damit hatte sie wohl überaus recht. Warum sollte sie mich auch zu einem Platz des Chaos führen, wenn der Gegner offensichtlich noch nicht die weiße Fahne der Ergebens gehisst hatte?
Egal wie lange der Kampf andauerte, die Erkenntnis, dass sie ihn nicht alleine gewinnen konnte, kann man ihr hoch anrechnen. Dass sie dann auch noch in mir den Heilsbringer sah steht auf einem anderen Blatt, das in einem Buch steckt, welches in einem Regal von vielen solcher Schreibwerken steht, das Buchgelenk den Betrachter zeigend und gut möglich unter querstehender Aufschrift "Das Buch über den Heilsbringer" zu finden ist. Schlecht möglich aber auch unter einem ganz anderen Titel geschweigedenn einer Erwähnung als Unterüberschrift und natürlich dann auch ohne Beschreibung auf dem Buchrücken. Keine Klappentextanbahnung und im dümmsten Fall auch nur auf Seite ff in einer Fußnote beiläufig in einem Buch ohne Stichwortverzeichnis oder Literturhinweise erwähnt.
Anders gesagt: es bleibt ein Mysterium, das es nicht zu spekulieren gilt.
Und als meine Augen noch so durch den Raum schwenkten und sich gerne an das Bild an der Wand zwischen den zwei Lichter behaftet hätte, ja in diesen aufzugehen, in diesem einzutauchen, und das getrübte Gehirn durch das Sehende einzuschalten, wurde ich von letzterem schwer enttäuscht. Geschärft mit Verstand dachte es nur an Maler der Nass-in-Nass-Technik, wie einem Bob Ross der keinesfalls der Pinselführer des dortigen Gemäldes war. Trotzdem war es schön, und wenn mir mal das Öl ausgehen sollte, dann hätte ich hier Brennstoff für warme Stunden an kalten Tagen wie diesem. Es war ferner gut möglich, dass jetzt auf der Mattscheibe eine Episode von "The Joy of Painting" lief. Dumm, dass ich dem Fernsehvergnügen in seiner hallozinierenden Art seit Jahren nicht mehr fröhnte. Und doch, ein solches Empfangsgerät hatte ich noch, gut verpackt zwar im Ursprungskarton, schon flach und ohne Röhre. Es erfüllte keinen Sinn mehr, könnte es aber ihn diesem Falle, wenn es mich dem Wunsch ergeben würde, mich dem hinzureißen, dem nachzugehen. Dann aber nur in Form einer 8stündigen VHS-Videokassette in Long Play aufgenommen, deren Inhalt rein Episoden des erwähnten und im letzten Jahrtausend gefilmten Malkurs aufzeigen würde. Das ein (An-)Schauer die Spieldauer von Anfang bis zum Ende in einem Stück wach überstehen wird wage ich stark zu bezweifeln, weder heute noch gestern. Den der Stil der Kunst des Erschaffens paart sich hier mit einer ausgeprägte Wortlandschaft des Erschaffers, die dem Zuseher eine äußerst beruhigende Stimme ins Ohr mitgibt. Spätestens beim 10ten "Hi, welcome back! I’m certainly glad you could join us today!“oder den gern in Erinnerung endenden "From all of us here: We wish you happy painting and God bless, my friend!“ entschlummert der taffeste aller Anhänger in die Süße der Traumwelt.
Lächerliche Hirngespinste, die ich mir selbst eintrieb, um mich keinesfalls weiter dem auszusetzen, was mir dort bot. Wenn mir schon die Ausreise aus dem Land der unblutigen Schlacht durch einen Quatschkopf verwehrt wurde, dann - so dachte ich mir - sei es mir erlaubt den Geist hinfortzutreiben, der anwesende Körper kann ja gerne noch ein wenig an Ort und Stelle verharren.
Ein Stups mit der Schnauze an mein Bein, ein verhaltenes Bellen und im letzten Ausmaß ein auf vier Beinen herumtapsendes Etwas holten mich eher langsam als schnell wieder zurück in meinen eigenen Leib. Nicht nur die Gelenke meiner Gliedmaßen meldeten sich, auch die Augen waren wieder näher am Boden. Eine traurige Sache, die nicht nur was gemeines an sich hatte. Denn, und sehr komisch, dass es vorher unbemerkt für mich blieb, mein Gehör funktionierte nun auch wieder in meiner Wahrnehmung. Wahrscheinlich tat es das schon die ganze Zeit, doch ich war zu sehr befangen, dass ich davon Gebrauch nehmen wollte.
Es blieb mir aber nichts erspart, spätestens als es für mich galt die Heilsbringerrolle zu übernehmen, für die ich extra zu so grauenhafter Nachtstunde von Quatschkopf ausgerufen wurde.
Wer Türen öffnen kann, kann folglich auch auf zwei Beinen leicht ein Gleichgewicht finden sofern er eine Haltepunkt für seine vorderen Läufe findet.
Den fand sie auch, und zwar auf einer Anrichte auf einen massiven Holzschrank. Dass sie diesen dort schon öfters während des Kampfs gesucht hatte zeigte sich mir in den vielen am Boden liegenden Gegenstände, die es dafür galt herunter zu stupsen. Sie brauchte Platz, um den Sieg zu erreichen. Der Gegner war nicht am Boden, er war höher und fast unerreichbar. Gut versteckt in einem Zwischenraum der Schrankwand. Und auch dorthin war sie mit ihren Pfoten schon vorgestoßen, um die vorderen Reihen der zu bekämpfenden Armee den Gesetzen der Schwerkraft auszusetzen. Bei genauerer Betrachtung der eliminierten Feinde durch Quatschkopf fragte ich mich allen Ernstes, ob sie mich nun tatsächlich für die Arbeit als Heilsbringer auserwählt hatte. Sollte ich die Ehre haben den alles entscheidenden letzten Schwerthieb mitten ins Herz des Aggressor zu treiben? Oder war ich hier nur für die Räumungsarbeiten des Schlachtfeldes zuständig?
Da stand er also in seiner unglaublichen hartnäckigen Art, in allen Belangen noch unverschont und gut geschützt durch sein Heer, welches dafür mit dem Leben bezahlen musste.
Der Feind, der trotzte, obgleich der Endsieg unmittelbar bevorstand. Er lamentierte genüsslich seine offene Meinung vor sich hin. Ohne Punkt und Komma und mit gleichlautenden Klang.
Jetzt verstand auch ich die Freiheitkämpferin, die sich mutig diesem Etwas entgegenstellte. Jeder Mensch hätte gleiches an ihrer Stelle getan. Wahrscheinlich etwas friedlicher und ohne großen Trümmerhaufen, aber im Umstand auf genau das hinaus, was sie in der geschützten Position des in schwarz umrahmten Lärmmachers versuchte zu befrieden.
Ferner war mir nun auch klar, dass sein Widerstand ein langer gewesen sein musste. Und gleichsam auch einer mit Pausen von mehreren Minuten, wo sich Quatschikopf schon als Sieger fühlen musste. Doch immer wieder täuschte der Geselle, der nun vor mir stand, dies nur an. Er spielte mit den Gefühlen seines Gegners. Und das in wiederholter Art und Weise, so dass es vielleicht doch möglich war, dass ich hier dem ganzen nun den Topf aufsetzen musste. Wer würde nicht verrückt werden, wenn man glaubt, der Feind wäre besiegt, der aber das lediglich vorspielt und man keinesfalls die Absicht hat ihn grausam zu zerstören. Ein Rädelsführer bringt dem Sieger mehr, wenn er am Leben bleibt. Vor allem wenn man weiß, dass er im Grunde ein guter seiner Zunft ist, der noch viele Jahre seine Dienste zu erfüllen hat ehe er altersbedingt in die ewigen und heiligen Jagdgründe abzieht.
- Fortsetzung zu finden im Teil 2 unter quatschikopf.in_pt2b -
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